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Andras Pandy

Der "Horrorhaus" - Prozeß

Nach Berichten der Bonner Rhein-Zeitung und der Leipziger Volkszeitung vom 06.03.2003

Brüssel - Wegen Mordes an sechs Mitgliedern seiner Familie ist der Ex-Pastor Andras Pandy am Mittwoch in Brüssel zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Seine mitangeklagte Tochter Agnes muss wegen ihrer Tatbeteiligung für 21 Jahre ins Gefängnis. Das entschieden die Geschworenen eines Brüsseler Gerichts am Mittwoch.

Vater und Tochter wurden für schuldig befunden, ihre Angehörigen vorsätzlich getötet und die zerstückelten Leichen dann teils in Säure aufgelöst und teils in Säcken nahe einem Schlachthof abgelegt zu haben. Der Hauptangeklagte hatte bis zum Schluss bestritten, für das Verschwinden seiner beiden Ex-Frauen und von vier Kindern Mitte der achtziger Jahre verantwortlich zu sein. Seine Tochter Agnes gestand hingegen ihre Beteiligung an der Tat und belastete den Vater dabei schwer.

Die Geschworenen folgten mit ihrem Urteil für Andras Pandy dem Antrag der Anklagebehörde, mit den 21 Jahren Haft für Agnes Pandy blieben sie etwas unter dem geforderten Strafmaß.

Beide Angeklagte nahmen den Schuldspruch äußerlich unbewegt auf. Agnes bezeichnete sich als abhängig von ihrem Vater, der mit ihr im Inzest lebte. Pandy hatte auch andere seiner Kinder missbraucht und nach Feststellung von Gutachtern mit einer Adoptivtochter einen Sohn gezeugt. Diese Adoptivtochter, die heute in Ungarn lebt, entging einem Mordversuch.

Verwirrspiel um Vermisste organisiert

Die Leichen wurden niemals gefunden. Dem Geständnis von Agnes zufolge wurden die Familienmitglieder erschossen oder mit dem Hammer erschlagen, die Toten zerstückelt und identifizierbare Leichenteile mit chemischem Rohrreiniger aufgelöst, andere Leichenteile in Säcken in der Nähe des Brüsseler Schlachthofs abgeladen.

Pandy organisierte ein großes Verwirrspiel, um die Ermordeten als vermisst gelten zu lassen und hält immer noch an dieser Behauptung fest.

In seinem Haus, das als "Horrorhaus" bekannt wurde, waren Knochen und Zähne gefunden worden. Nur die Zähne bleiben übrig.

Noch am Dienstag hatte der aus Ungarn stammende Pandy versichert, die seit den 80er Jahren verschwundenen Familienmitglieder würden unmittelbar nach einem Schuldspruch wieder auftauchen. Sein Verteidiger hatte argumentiert, ohne die Leichen der zwei Ex-Frauen und vier Kinder Pandys fehle der Beweis für eine Schuld seines Mandanten. Gutachter stellten hingegen fest, Leichenteile ließen sich - wie von Agnes beschrieben - tatsächlich binnen fünf Tagen mit chemischem Rohrreiniger auflösen. Nur die Zähne blieben übrig.

Prozess endet mit einem Lächeln

Auf den Schuldspruch reagierte Andras Pandy (74) völlig unbewegt. Erst als seine Bewacher den früheren Pastor schließlich in Handschellen aus dem Gerichtssaal führten, legte sich ein Lächeln auf seine Lippen. Andras Pandy, der Serienmörder im Trenchcoat, hatte den Auftritt seines Lebens gehabt. Pandy hatte den Prozess immer wieder zu theatralischen Auftritten genutzt. Lacher aus dem Publikum waren dem nunmehr verurteilten Serienmörder sicher, wenn er seine dicke Kladde aufschlug und die Justiz attackierte. Noch in seinem Schlusswort belehrte der 74- Jährige die Geschworenen über das Rechtssystem im alten Indien: Konnte ein Ankläger die Taten nicht beweisen, habe er die vorgesehene Strafe selbst abbüßen müssen, schwadronierte der Ex-Prediger.

Überreste von anderen Toten

Offen blieb im Prozess die Frage, welchen Ursprungs die Knochen und Zähne von 13 verschiedenen Menschen sind, die im Keller von Pandys Brüsseler "Horrorhaus" gefunden wurden. Nach Darstellung der Gutachter müssen diese Überreste von anderen Toten als den sechs verschwundenen Familienmitgliedern stammen.


Und das war der Verurteilung vorausgegangen und wirft ein bezeichendes Licht auf die Zustände im belgischen Justizsystem:

Berliner Zeitung vom 25.10.1997:

Belgien erlebt dieser Tage die Fortsetzung eines Alptraums.

Natürlich: Ein anderer mutmaßlicher Täter ist da. Andras Pandy. Und andere Opfer. Zwei Frauen, vier Kinder, vielleicht noch mehr. Andere Motive mögen es sein und ein anderer Schauplatz als im Fall des Kinderschänders Marc Dutroux.

Aber der Fall des ungarischen "Mord-Pastors", der nacheinander seine Familienmitglieder umgebracht und zerstückelt haben soll, weckt viel zu viele Erinnerungen. Vor allem die, daß Behörden von Kriminellen und den von ihnen drohenden Taten wußten und dennoch nichts oder zu wenig unternommen haben, um sie zu verhindern oder auch nur zu ahnden.

Hat auch der Pfarrer Andras Pandy, vor 40 Jahren aus Ungarn gekommen, politische Deckung erhalten, als man von möglichen Machenschaften in seinen Häusern hörte?

Am Freitag wurde Den Broeder aus den Niederlanden von den Brüsseler Untersuchungsbehörden vernommen. Broeder ist Pfarrer wie Pandy. Schon 1989 hat er an die belgische Königin in einem Brief die Bitte gerichtet, sich doch den Amtsbruder Pandy in Molenbeek bei Brüssel mal näher anzusehen. Es scheine, daß in dessen Umgebung Menschen verschwinden. Edith Fintor beispielsweise, Pandys zweite Frau. Er sei deshalb sehr besorgt, weil weder die protestantische Gemeinde noch die ungarische Gemeinschaft eine Spur der Verschwundenen hätten. Den Broeder hat damals einen Brief von Königin Fabiola bekommen. Ja, schrieb sie, alles sei in die Wege geleitet, dem Justizminister sei Kenntnis gegeben worden von dem Verdacht.

Der Justizminister war Melchior Wathelet. Und an dieser Stelle beginnt der Fall Pandy hochpolitisch zu werden und bemerkenswerte Parallelen aufzuweisen zu den anderen Horrorstücken, die seit 1996 Belgien in Verruf gebracht haben. Denn Melchior Wathelet war es auch, der den schon verurteilten Sexualtäter Dutroux vorzeitig aus der Haft entließ, der danach mindestens vier Kinder vergewaltigte und tötete. Wathelet hatte sich auch, Mitte der 80er Jahre, in die Aufklärung des Falles der Killer von Brabant eingemischt, erfolgreiche Fahnder abgelöst mit der Folge, daß der Mord an 28 Menschen in Supermärkten unaufgeklärt blieb. In diversen Untersuchungsausschüssen wird der Verdacht gehegt, der Christdemokrat könne selbst zu gute Drähte ins kriminelle Milieu gehabt haben - vielleicht sogar Angst vor der Aufklärung?

Den Broeder erhielt damals keine befriedigende Antwort. Erst nach einem Mahnschreiben meldete sich 1993 der Justizminister. Er ließ mitteilen, es sei erfolglos ermittelt worden, er könne nichts tun. Broeder solle sich an einen Anwalt wenden. Mit vorzüglicher Hochachtung.

"Wie ist es möglich", sagt der empörte niederländische Pfarrer heute, "daß ein Justizminister so wenig Respekt vor seiner eigenen Königin hat? Vielleicht hätte er nach den Informationen, die ich gab, Andras Pandy stoppen können. Aber er hat sich geweigert."

Wathelet, der umstrittene Politiker, ist nach wie vor in Amt und Würden. Seit seinem Ausscheiden als Justizminister und Vizepremier dient er der EU als einer ihrer höchsten Richter am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Seine Amtszeit, die Ende des Jahres abläuft, soll auf Wunsch der belgischen Regierung um weitere sechs Jahre verlängert werden.


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