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Die Folgen emotionaler Vernachlässigung in der Kindheit

von Bruce D. Perry, M.D., Ph.D.


Die wichtigste Eigenschaft des Menschen ist die Fähigkeit, Beziehungen zu anderen Menschen einzugehen und zu pflegen. Diese Beziehungen sind absolut notwendig für jeden von uns, um zu überleben, zu lernen, zu arbeiten, zu lieben und sich zu fortzupflanzen. Es gibt viele Formen zwischenmenschlicher Beziehungen, aber die intensivsten, vergnüglichsten und schmerzhaftesten sind die Beziehungen innerhalb der Familie, in Freundschaften und in Liebesbeziehungen. Innerhalb dieses inneren Kreises intimer zwischenmenschlicher Beziehungen sind wir durch eine Art "emotionalen Klebstoff" gebunden - die Liebe.

Die Möglichkeit, diesen "emotionalen Klebstoff" zu verwenden, ist bei allen Individuen unterschiedlich. Einige Menschen scheinen eine "natürliche" Fähigkeit zu haben, zu lieben. Sie gehen eine große Zahl von intimen und beschützten Beziehungen ein und werden, indem sie das tun, glücklich. Andere sind nicht so glücklich. Sie empfinden kein Bedürfnis, intime Beziehungen einzugehen, sie finden kaum Vergnügen daran, mit jemanden zusammen und ihm nahe zu sein. Sie haben, wenn überhaupt, wenige Freunde und kaum emotionale Bindung an die Familie. In Extremfällen hat das Individuum überhaupt keine emotionale Bindung an irgendeine andere Person. Es ist in sich selbst versunken, unnahbar oder nur noch mit den klassischen neuropsychiatrischen Symptomen schizoider Störung oder Autismus präsent.

Die Fähigkeit und das Bedürfnis emotionale Beziehungen einzugehen sind abhängig von der Organisation und dem Funktionieren spezifischer Bereiche des menschlichen Gehirns. So wie das Gehirn es uns erlaubt zu sehen, zu schmecken, zu riechen, zu sprechen, uns zu bewegen und zu denken, ist es auch das Organ, das es uns erlaubt - oder nicht erlaubt - zu lieben. Das System im menschlichem Gehirn, das es uns erlaubt emotionale Beziehungen einzugehen und zu unterhalten, wird im Kindesalter, in den ersten Jahren des Lebens entwickelt. Erfahrungen die man in dieser frühen, verletzlichen Lebensphase macht, sind entscheidend und prägend für die Fähigkeit, intime und emotional gesunde Beziehungen einzugehen. Empathie, Fürsorge, Teilhaben, Hemmung von Aggression, die Fähigkeit zu lieben und ein Bündel weiterer Eigenschaften eines gesunden, glücklichen und produktiven Menschen hängen von den primären attachment-Fähigkeiten ab, die in frühester Kindheit und im Kleinkindalter geformt werden.

Was ist "attachment"?

Nun, das kommt darauf an. Das Wort "attachment" wird häufig von Bediensteten des Gesundheitswesens, in der Kinderpsychotherapie und von Kindersozialarbeitern benutzt, hat aber in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Bedeutungen. Zunächst muss man wissen, dass wir Menschen eine Menge Arten von "bonds" herstellen. Ein bond ist eine Verbindung zwischen einer Person und einer anderen Person. Im Rahmen der Entwicklung eines Kindes bezieht sich attachment auf eine spezielle Bindung, gekennzeichnet durch die einzigartige Qualität der Bindung, die durch die Mutter-Kind oder die "Primärer Fürsorger"-Kind-Beziehung gebildet wird. Die attachment-Bindung hat verschiedene Schlüsselelemente:

(1) Eine attachment-Bindung ist eine andauernde emotionale Beziehung zu einer spezifischen Person;

(2) Die Beziehung ist erfüllt von Sicherheit, Trost, Beruhigung und Wohlbefinden;

(3) Der Verlust oder die Androhung des Verlustes der Person lösen intensive Stressgefühle aus.

Diese spezielle Form der Beziehung wird am deutlichsten durch die Mutter-Kind-Beziehung charakterisiert. Wenn wir den Charakter dieser speziellen Beziehung studieren, finden wir heraus, wie wichtig sie für die zukünftige Entwicklung des Kindes sein kann. Tatsächlich glauben viele Forscher und im klinischen Bereich Tätige, dass die Mutter-Kind-Beziehung das Grundgerüst für alle nachfolgenden Beziehungen bildet, die das Kind entwickelt. Ein solides und gesundes attachment mit einem "primären Fürsorger" scheint mit einer hohen Wahrscheinlichkeit einherzugehen, gesunde und heilsame Beziehungen zu anderen Menschen einzugehen, während ein schlechtes "attachment" zu der Mutter oder einem anderen Fürsorger mit einer Vielzahl von emotionalen und verhaltensmäßgen Problemen im späteren Leben einhergeht. Im Bereich der psychischen Gesundheit wird attachment lose als allgemeine Möglichkeit definiert, Beziehungen einzugehen. Im Sinne dieses Aufsatzes beziehen sich die attachment-Fähigkeiten auf das Vermögen, emotionale Beziehungen zu formen und aufrechtzuerhalten, während attachment sich auf die Art und Qualität der aktuellen Beziehungen bezieht. Ein Kind kann z. B. ein "unsicheres" oder ein "sicheres" attachment haben.

Was ist "bonding"?

Vereinfacht gesagt ist bonding der Prozess, ein attachment zu formen. Ebenso wie bonding der Begriff ist, der benutzt wird, wenn man ein Objekt an ein anderes klebt, bedeutet bonding den Gebrauch unseres emotionalen Klebstoffs, um miteinander verbunden zu werden. Daher bezieht bonding eine ganze Reihe von Verhaltensweisen ein, die dabei helfen, zu einer emotionalen Verbindung (attachment) zu führen .

Sind "bonding" und "attachment" vererblich?

Die biologische Fähigkeit, sich zu binden und attachments zu bilden ist sicherlich genetisch festgelegt. Der Wille zu überleben ist in allen Arten angelegt. Kinder sind wehrlos und auf einen fürsorgenden Erwachsenen angewiesen, um zu überleben. Es ist dieser Kontext der ersten Abhängigkeit und der mütterlichen Antwort darauf, in dem sich eine Beziehung entwickeln. Dieses attachment ist entscheidend für das Überleben. Eine emotional und körperlich gesunde Mutter wird zu dem Kind hingezogen werden, sie wird ein körperliches Bedürfnis spüren ihr Kind zu riechen, zu liebkosen, zu wiegen, dem Kind zuzuflüstern und es anzuhimmeln. Umgekehrt wird das Kind mit Gurren, Plappern, Lächeln, Saugen und Anschmiegen reagieren. In den meisten Fällen bringen die Verhaltensweisen der Mutter Wohlbefinden, Beruhigung und Ernährung für das Kind und die Antwort des Kindes bedeutet Wohlbefinden und Freude für die Mutter. Diese Schleife gegenseitigen positiven Feedbacks, dieser Tanz zwischen Mutter und Kind, ist der Tanz, in dem attachment gedeiht.

Aus diesem Grund ist es trotz des genetischen Potentials für bonding und attachment die Art, die Anzahl und das Muster der Erlebnisse in der frühesten Kindheit, die das genetische Potential ausschöpfen. Ohne berechenbare, verständnisvolle, ausgestaltete und sinnlich anregende Erfahrungen wird das genetische Potential des Kindes zu normalem bonding und attachment nicht realisiert werden. Das Gehirn, verantwortlich für heilsame emotionale Beziehungen, wird ohne die richtigen Erfahrungen zur richtigen Zeit im Leben nicht optimal entwickelt.

Was sind bonding-Erfahrungen?

Der Vorgang des Haltens, Wiegens, Singens, Fütterns, Anblickens und andere Verhaltensweisen, die Bestandteil der Pflege von Kindern sind, sind Erfahrungen des bonding. Entscheidende Faktoren für bonding sind die Zeit, die man miteinander verbringt (in der Kindheit hat die Quantität eine Bedeutung!), Gesicht-zu-Gesicht-Interaktionen, Augenkontakt, körperliche Nähe, Berührung und andere primäre sensorische Erlebnisse wie Riechen, Hören und Schmecken. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die wichtigsten Faktoren um attachments zu formen, um  körperlichen Kontakt (wie z.B. umarmen, halten und wiegen) liegen. Es dürfte nicht überraschen, dass Wiegen, Singen, Füttern, Anblicken, Anlächeln, Küssen, und Lachen spezifische neurochemische Reaktionen im Gehirn hervorrufen. Diese neurochemischen Aktivitäten führen zu einer normalen Struktur der Hirnsysteme, die wiederum verantwortlich für das attachment sind.

Die wichtigste Beziehung im Leben eines Kindes ist das attachment zu seinem "primären Fürsorger", optimalerweise die Mutter. Dies gilt angesichts der Tatsache, dass diese erste Beziehung das biologische und emotionale "Schnittmuster" für alle weiteren Beziehungen festlegt. Ein gesundes attachment zur Mutter ist die Grundlage für sich wiederholende bonding-Erfahrungen während der Kindheit und so entwickelt sich ein solides Fundament für zukünftige, gesunde Beziehungen. Im Gegensatz dazu sorgen Probleme mit bonding und attachment für ein äußerst fragiles biologisches und emotionales Fundament für zukünftige Beziehungen.


Wann sind die Zeitfenster für diese Gelegenheiten geöffnet?

Das Timing ist alles. Bonding-Erfahrungen führen zu gesunden attachments und die Fähigkeit, gesunde attachments einzugehen werden erlangt, wenn man in den frühesten Lebensjahren damit versorgt wird. In den ersten drei Jahren des Lebens entwickelt sich das menschliche Gehirn zu 90% der Erwachsenengröße und entwickelt die Mehrzahl der Systeme, die für alle zukünftigen emotionalen, verhaltensmäßigen, sozialen und physischen Funktionen verantwortlich sind; und zwar für den Rest des Lebens. Es gibt kritische Perioden, in denen bonding-Erfahrungen für das Gehirn vorliegen müssen, damit die Fähigkeit für attachments normal entwickelt werden kann. Diese kritischen Perioden treten im ersten Lebensjahr auf und sind verbunden mit der Fähigkeit von Kind und Fürsorger, eine positive, interaktive Beziehung zu entwickeln.

Was passiert, wenn dieses Zeitfenster verpasst wird?

Die Auswirkungen von beeinträchtigtem bonding in der frühesten Kindheit variieren. Bei sehr starker emotionaler Vernachlässigung in frühester Kindheit können die Folgen verheerend sein. Kinder ohne Kontakt und Stimulation können buchstäblich die Möglichkeit verlieren, irgendeine sinnvolle Beziehung in ihrem Leben einzugehen. Glücklicherweise erreichen die meisten Kinder diesen Grad an Vernachlässigung nicht. Dennoch gibt es viele Millionen Kinder, die Abstufungen einer in frühester Kindheit erlittenen Schädigung der Fähigkeit zu bonding und attachment aufweisen. Die Probleme, die daraus erwachsen, können, von zwischenmenschlichen Unlustgefühlen bis zu extremen sozialen und emotionalen Problemen reichen. Im Allgemeinen hängt die Schwere dieser Probleme davon ab, wie früh im Leben, wie lange und wie ernsthaft und schwer die emotionale Vernachlässigung war. Das heißt nicht, dass Kinder mit derartigen Erfahrungen keine Hoffnung haben, normale zwischenmenschliche Beziehungen zu entwickeln. Man weiß noch sehr wenig über die Möglichkeiten, diese Erfahrungen später im Leben "zu ersetzen" und die unentwickelte oder sehr wenig entwickelten bonding- und attachment-Fähigkeiten "nach zu entwickeln" und zu reparieren. Klinische Erfahrungen und eine Reihe von Studien legen nahe, dass eine Besserung erfolgen kann, aber es ist ein langer, schwieriger und frustrierender Prozess für die Familien und die Kinder. Es bedarf oft Jahre härtester Arbeit, um den Schaden zu reparieren, der in nur wenigen Monaten der Vernachlässigung in frühester Kindheit entstand.

Gibt es Möglichkeiten, attachments zu klassifizieren?

So wie die Eigenschaften Größe oder Gewicht sind auch die individuellen attachment-Fähigkeiten fließend. In dem Versuch, die Bandbreite von attachment-Fähigkeiten zu studieren, haben die Forscher vier Kategorien gebildet:

1) attachment sicher

2) attachment unsicher-widerstehend

3) attachment unsicher-vermeidend

4) attachment unsicher-desorganisiert/desorientiert.

Kinder die sicher-attached sind, fühlen eine durchgehende, beantwortete und unterstützende Beziehung zu ihrer Mutter auch in Zeiten sehr starken Stresses.

Kinder die unsicher-attached sind, fühlen nicht-durchgängige, bestrafende, unbeantwortete Gefühle zu ihrem "Sicherheitsgeber" und fühlen sich in Zeiten des Stresses bedroht.

Dr. Mary Ainsworth entwickelte einen einfachen Versuch, um die Natur des attachment des Kindes zu untersuchen. Es wird das "Ungewöhnliche-Situation-Verfahren" genannt. Vereinfacht ausgedrückt werden die Mutter und das Kind in einer Reihe von "Situationen" beobachtet:

- Elternteil-Kind alleine in einem Spielzimmer; ein Fremder kommt herein;

- Elternteil geht, während der Fremde bleibt und versucht, das Baby zu trösten;

- Elternteil kommt zurück und tröstet das Kind; der Fremde verlässt den Raum; Mutter lässt das Kind ganz alleine; der Fremde kommt herein um das Kind zu trösten; Elternteil kommt zurück um sich mit dem Kind zu beschäftigen und es zu trösten.

Das Verhalten während jeder dieser Situationen wird beobachtet und bewertet. Das Verhalten des Kindes in diesem Test-Paradigma wird beobachtet und in Gruppen sortiert nach der Bereitschaft des Kindes, mit den Eltern wieder in Kontakt zu treten sowie nach der emotionalen Reaktion nach der Wiedervereinigung mit den Eltern.

 
Einstufung des attachment
Prozentsatz der Einjährigen
Antwort auf  fremde, ungewöhnliche  Situationen
sicher - gebunden
60-70%

Kind erforscht, während M im Raum; aufgeregt wegen der Trennung; herzliche Begrüßung nach dem Wiederkommen, sucht körperliche Berührung und Trost nach Wiedervereinigung

unsicher- meidend

15-20%

Kind ignoriert M, während diese anwesend ist. Geringer Kummer während Abwesenheit, wendet sich aktiv von M ab, als sie zurückkommt.

unsicher- abwehrend
10-15%

Geringe Erkundung während M im Raum ist; hält sich in der Nähe von M auf; sehr verzweifelt über die Trennung; nach dem Wiedertreffen mit M ambivalente Haltung oder zornig, wehrt sich gegen körperlichen Kontakt mit M .

unsicher-
Desorganisiert Desorientiert

5-10%

Verwirrung darüber, ob M gesucht oder gemieden werden soll; am meisten von allen durch die Trennung erschüttert; reagiert durcheinander und benommen auf Wiedervereinigung, ähnlich wie die Annähern-Meiden-Konfusion in Modell-versuchen bei Tieren.

Welche anderen Faktoren beeinflussen bonding und attachment?

Alle Faktoren, die die bonding-Erfahrungen stören, können auch die Entwicklung der attachment-Fähigkeiten stören. Wenn der interaktive, wechselseitige "Tanz" zwischen dem Fürsorger und dem Kind unterbrochen oder erschwert ist, dann sind bonding-Erfahrungen schwierig aufrechtzuerhalten. Störungen können wegen früher Probleme des Kindes, Problemen des Sicherheitgebers, aus der Umgebung heraus oder aus Störungen in der Interaktion zwischen Kind und Sicherheitgeber auftreten.

Kind: Die "Persönlichkeit" oder das Naturell beeinflussen das bonding. Wenn ein Kind schwer zu beruhigen, reizbar oder unnahbar ist (verglichen mit einem ruhigen und sich von selbst beruhigenden Kind), so wird dieses Kind, mehr Schwierigkeiten haben, ein sicheres attachment aufzubauen. Die Möglichkeiten des Kindes, an der Mutter-Kind-Beziehung teilzuhaben, kann durch medizinische Bedingungen wie z.B. geistiges Zurückgebliebensein, Geburtsschäden oder Krankheit eingeschränkt sein .

Fürsorger: Die Einstellung des Fürsorgers kann das bonding beeinträchtigen. Missbilligende und zurückweisende Eltern tendieren dazu, Kinder zu haben, die emotionale Intimität meiden. Missbrauchende Eltern bringen ihre Kinder dazu, sich bei Intimität unwohl zu fühlen und sich zurückzuziehen. Die Mutter des Kindes reagiert möglicherweise auf das Kind nicht, weil sie z.B. eine Schwangerschaftsdepression hat, Drogenmissbrauch betreibt, enorme persönliche Probleme hat oder wegen anderer Faktoren, die ihr Vermögen, sich um das Kind zu kümmern und für das Kind da zu sein, beeinträchtigen.

Umgebung: Ein wesentliches Hindernis für ein gesundes attachment ist Angst. Wenn ein Kind durch Schmerzen, durch Bedrohungen oder eine chaotische Umgebung bekümmert ist, wird es sogar Schwierigkeiten haben, an einer unterstützenden, fürsorglichen Beziehung teilzuhaben. Kleinkinder oder Kinder, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, in einem gewalttätigen Stadtteil aufwachsen oder in einer Kriegszone, sind sehr anfällig für die Entwicklung von attachment-Problemen.

Anpassung: Die "Anpassung" des Naturells und der Möglichkeiten von Kind und Mutter ist äußerst wichtig. Einige Fürsorger kommen gut mit einem ruhigem Kind klar, sind aber mit einem reizbaren Kind überfordert. Der Prozess des Aufmerksamkeit-Schenkens, das gegenseitige Verstehen der nonverbalen Hinweise und deren angemessene Beantwortung ist entscheidend, um angemessene bonding-Erfahrungen zu unterhalten und so gesunde attachments aufzubauen. Manchmal passt eine Kommunikations- und Reaktionsweise, die einer Mutter von einem anderen Kind vertraut ist, nicht zu ihrem gegenwärtigen Kind. Die wechselseitige Frustration, "nicht synchron" zu sein, kann das bonding schwächen.

Wie beeinflussen Missbrauch und Vernachlässigung das attachment?

Es gibt drei hauptsächliche Themen, die in missbrauchenden und vernachlässigenden Familien beobachtet werden. Die häufigste Beobachtung ist, dass misshandelte Kinder in erster Linie abgelehnt werden. Kinder, die von ihren Eltern zurückgewiesen werden, haben eine Menge Probleme (siehe unten), insbesondere die Schwierigkeit, intime emotionale Beziehungen zu entwickeln. In missbrauchenden Familien ist es üblich, dass die Vernachlässigung und der Missbrauch über Generationen hinweg stattfinden. Die vernachlässigenden Eltern wurden als Kind vernachlässigt. Sie machen so weiter, wie sie selbst von ihren Eltern behandelt werden.

Ein anderes Problem ist "das zu Eltern machen" des Kindes, das viele Formen annimmt. Eine verbreitete Form ist, dass ein junges, unreifes Mädchen zum alleinerziehenden Elternteil wird. In anderen Fällen wird das Kind wie ein Spielzeug behandelt und sehr früh im Leben wie ein Freund. Häufig sprechen diese jungen Mütter von ihrem vier Jahre alten Kind als ihrem "besten Freund" oder ihrem "kleinen Mann". In anderen Fällen sind die Eltern so unreif und so uninformiert, dass sie ihre Kinder wie Erwachsene behandeln - oder sogar wie einen weiteren Elternteil. Im Ergebnis nehmen diese Kinder an weniger Aktivitäten mit anderen Kindern teil, die "unreif" sind. Diese falsche Vorstellung von Reife bei Kindern behindert oft das Entwickeln von Freundschaften zu Gleichaltrigen. Ein drittes, verbreitetes Problem ist die generationsübergreifende Natur von attachment-Problemen - sie werden von Generation zu Generation weitergereicht.

Es ist wichtig zu betonen, dass ein zuvor sicheres attachment sich plötzlich dramatisch verschlechtern kann, wenn das Kind missbraucht oder vernachlässigt wird. Die Empfindung des Kindes hinsichtlich einer zuverlässigen und versorgenden Welt kann dann nicht mehr mit der Realität in Einklang gebracht werden. So kann sich zum Beispiel die positive Einstellung eines Kindes Erwachsenen gegenüber nach einer Misshandlung durch einen Babysitter ändern.

Sind attachment-Probleme immer die Folgen von Misshandlung?

Nein, in der Realität sind attachment-Probleme häufiger Folge der elterlichen Ignoranz gegenüber der Entwicklung des Kindes als die Folge von Missbrauch. Viele Eltern wurden nicht darüber unterrichtet, wie enorm wichtig und kritisch die Entwicklung des Kindes in den ersten drei Lebensjahren ist. Mit mehr öffentlicher Information und politischer Unterstützung dieser Bereiche wird sich dies verbessern lassen. Momentan ist diese Unwissenheit so verbreitet, dass eines von drei KIndern ein meidendes, ambivalentes oder widerstrebendes attachment zu seinem Fürsorger hat. Trotz dieses unsicheren attachments können diese Menschen Beziehungen formen und aufrechterhalten, nur eben nicht so leicht, wie dies anderen Menschen möglich ist.

Welche spezifischen Probleme lassen sich bei misshandelten Kindern mit attachment-Problemen erwarten?

Die spezifischen Probleme, die man erkennen kann, variieren je nach Natur, Intensität, Dauer und Zeitpunkt von Vernachlässigung und Misshandlung. Manche Kinder werden nachhaltige und offenkundige Probleme haben, andere wiederum werden Probleme haben, die sehr subtil sind und bei denen man möglicherweise keine Verbindung zu Vernachlässigungen in frühen Lebensjahren erkennt. Manchmal scheinen diese Kinder durch ihre Erfahrungen nicht beeinflusst zu sein. Dennoch ist es wichtig sich daran zu erinnern, dass man mit Kindern arbeitet und dass diese Kinder furchtbaren Dingen ausgesetzt waren. Es gibt einige Anhaltspunkte, die erfahrene Klinikärzte bei der Arbeit mit solchen Kindern berücksichtigen.

Rückstände in der Entwicklung: Kinder, die in früher Kindheit emotionale Vernachlässigung erfahren haben, zweigen oftmals Entwicklungsrückstände auf anderen Gebieten. Die Bindung zwischen dem jungen Kind und dem Fürsorger ist das wichtigste Vehikel für die physische, emotionale und kognitive Entwicklung. Es ist dieser primäre Kontext, in dem Kinder Sprechen und Sozialverhalten lernen sowie eine Vielzahl weiterer wesentlicher Verhaltensweisen, die für eine gesunde Entwicklung erforderlich sind. Der Mangel an beständigen bereichernden Erfahrungen in früher Kindheit können zu einem Zurückbleiben der sprachlichen, motorischen, sozialen und kognitiven Entwicklung führen.

Essen: merkwürdige Essensgewohnheiten sind verbreitet, besonders bei Kindern mit ernsthafter Vernachlässigung und attachment-Problemen. Sie horten Nahrungsmittel, verstecken sie in ihren Zimmern, essen, als ob es keine zukünftigen Mahlzeiten mehr geben würde, sogar wenn sie jahrelang die konstante Erreichbarkeit von Nahrung erlebt haben. Sie können Wachstumsschwierigkeiten haben, Erbrechen, Schluckschwierigkeiten und später in ihrem Leben seltsame Essgewohnheiten zeigen, die oft als Magersucht fehl diagnostiziert wird.

Beschwichtigungsverhalten: Diese Kinder setzen sehr primitives, unreifes und bizarres Beschwichtigungsverhalten ein. Bei  Stress kann es dazu kommen , dass sie sich selbst beißen, mit dem Kopf gegen etwas schlagen, schaukeln, summen, sich kratzen oder schneiden. Diese Symptome steigern sich bei Kummer oder Bedrohung.

Emotionales Verhalten: Bei diesen Kindern ist eine große Bandbreite von emotionalen Problemen gegeben, einschließlich depressiver und panikartiger Symptome. Ein bekanntes Verhalten ist "wahlloses" attachment. Alle Kinder suchen Sicherheit. Bedenkt man, dass attachment wichtig zum Überleben ist, suchen Kinder attachments - irgendein attachment - für ihre Sicherheit. Laien beobachten vielleicht, dass vernachlässigte und missbrauchte Kinder anschmiegsam sind und völlig Fremde umarmen. Diese Kinder entwickeln keine tiefe emotionale Verbindung zu relativ unbekannten Personen; tatsächlich sind dies "anhängliche", nach Sicherheit suchende Verhaltensweisen. Fachleute sind beunruhigt, denn diese Verhaltensweisen tragen zur Verwirrung des missbrauchten Kindes hinsichtlich Intimität bei und stimmen nicht mit normalem Sozialverhalten überein.

Unangemessene Nachahmung: Kinder ahmen das Verhalten der Erwachsenen nach - auch wenn es missbräuchlich ist. Sie lernen, dass missbräuchliches Verhalten die "richtige" Art ist, sich anderen gegenüber zu verhalten. Wie man sich denken kann, verursacht dies unter Umständen Probleme in ihrem Sozialverhalten Erwachsenen und anderen Kindern gegenüber. Bei Kindern, die sexuell missbraucht wurden, kann sich dadurch das Risiko erhöhen, zukünftig erneut zum Opfer zu werden. Männer, die sexuell missbraucht wurden, können zu Sexualstraftätern werden.

Aggression: Hauptprobleme bei diesen Kindern sind Aggression und Grausamkeit. Das hängt mit zwei elementaren Schwierigkeiten vernachlässigter Kinder zusammen: (1) Das Fehlen von Mitgefühl und (2) mangelnde Impulskontrolle. Die Fähigkeit, die Wirkung des eigenen Verhaltens auf andere gefühlsmäßig zu "verstehen", ist bei diesen Kindern beschädigt. Sie verstehen oder fühlen wirklich nicht, wie es für andere ist, wenn sie etwas Verletzendes tun oder sagen. In der Tat fühlen sich diese Kinder oft gedrängt, zuzuschlagen und andere zu verletzen - meistens Schwächere als sie selbst. Sie verletzen Tiere, kleinere Kinder, Gleichaltrige und Geschwister. Eines der beunruhigendsten Charakteristika dieser Aggression ist, dass sie oft von einem nüchternen, kalten Mangel an Mitgefühl begleitet wird. Sie mögen Reue zeigen (eine intellektuelle Reaktion), aber nicht Scham (eine emotionale Reaktion), wenn sie mit ihrem aggressiven oder grausamen Verhalten konfrontiert werden.

Das Verhalten von Eltern und Fürsorgern macht den ganzen Unterschied im Leben von misshandelten Kindern aus. Dieser Abschnitt soll einige verschiedene Wege zu helfen vorschlagen:

Trainiere diese Kinder:

Diese Kinder brauchen es, gehalten, geschaukelt und liebkost zu werden. Sei körperlich präsent, behütend und liebevoll zu Kindern mit attachment-Problemen. Sei dir bewusst, dass Berührung für viele dieser Kinder in der Vergangenheit Qualen, Folter oder sexuelle Gewalt bedeutet hat. Vor diesem Hintergrund solltest du sorgfältig beobachten, wie sie reagieren - passe dich ihren Reaktionen an und handle entsprechend. Auf vielfältige Weise wirst du den Kindern Ersatzerfahrungen bieten müssen, die eigentlich in die frühe Kindheit gehören - aber du tust dies, wenn ihre Gehirne viel mühsamer zu modifizieren und zu verändern sind. Deswegen benötigen sie sehr, sehr viel mehr bonding-Erfahrungen, um ein attachment zu entwickeln.

Versuche das Verhalten der Kinder zu verstehen, ehe du es bestrafst oder mit Konsequenzen reagierst:

Je mehr du über attachment-Probleme, bonding, normale und abnormale Entwicklung lernst, um so mehr wirst du in der Lage sein, nützliche und sozial angemessene Eingriffsmöglichkeiten zu entwickeln. Informationen über diese Probleme können verhindern, dass man das Verhalten der Kinder missversteht. Wenn solche Kinder zum Beispiel Nahrungsmittel horten, sollte dies nicht als "Stehlen" verstanden werden, sondern als eine normale und angemessene Reaktion auf Nahrungsmittelentzug in der frühesten oder frühen Kindheit. Eine strafende Annäherung an dieses Problem (und vielen andere) wird dem Kind bei seinem Reifungsprozess nicht helfen. Im Gegenteil: Bestrafung wird das Gefühl des Kindes von Unsicherheit verstärken, seinen Stresspegel steigern und sein Bedürfnis, Nahrungsmittel zu horten, verstärken. Viele der Reaktionen der Kinder sind für die Fürsorger verwirrend und verstörend. Du kannst Hilfe von Experten bekommen, wenn es dir schwer fällt,  mit diesen Probleme umzugehen.

Bemuttere diese Kinder auf dem Niveau ihres emotionalen Alters.

Missbrauchte und vernachlässigte Kinder sind oft emotional und sozial zurückgeblieben. Und wann immer sie frustriert oder verletzt sind, regredieren sie. Das bedeutet, dass ein zehnjähriges Kind jederzeit emotional wie ein zweijähriges Kind reagieren kann. Trotz unseres Wunsches und unseres Beharrens, dass sie sich gefälligst ihrem Alter angemessen verhalten sollen, sind sie nicht für ihre Reaktionen verantwortlich. In diesen Momenten muss man ihnen auf dem emotionalen Niveau begegnen, auf dem sie sich gerade befinden. Wenn sie weinerlich, frustriert, von ihren Gefühlen überwältigt sind (emotional zweijährig), dann bemuttere sie als ob sie in diesem Alter wären. Beruhige sie nonverbal. Halte sie. Wiege sie. Sing leise. Dies ist nicht der Zeitpunkt für umfangreiche verbale Auseinandersetzungen über dem altersunangemessenes Verhalten.

Sei beständig, vorhersehbar und wiederholend:

Misshandelte Kinder mit attachment-Problemen sind sehr sensibel für Wechsel im Tagesablauf, Veränderungen, Überraschungen, chaotische, soziale Situationen und ganz allgemein neue Situationen. Hektische und ungewöhnliche soziale Situationen überwältigen sie häufig, sogar wenn sie angenehm sind! Geburtstagsparties, Übernachtungsgäste, Feiertage, Familienausflüge, der Beginn oder das Ende des Schuljahres, alles kann diese Kinder durcheinander bringen. Weil das so ist, sind alle Anstrengungen, das Leben der Kinder beständig, vorhersehbar und wiederholend zu machen so wichtig, damit sie sich sicher und geschützt fühlen. Wenn sie sich sicher und beschützt fühlen, können sie von den sozialen und emotionalen Erfahrungen profitieren, die du ihnen bietest. Wenn sie sich bedroht und ängstlich fühlen, gelingt ihnen dies nicht in gleichem Ausmaß.

Sei ein Vorbild und trainiere angemessene soziale Verhaltensweisen.

Viele missbrauchte und vernachlässigte Kinder wissen nicht, wie sie mit anderen Menschen umgehen sollen. Eine der besten Arten, das mit ihnen zu üben ist, ihnen dieses Verhalten vorzuleben - und ihnen zu sagen, warum und was man da macht. Erzähle es ihnen von Handlung zu Handlung. "Ich wasche meine Hände vor dem Essen, weil ...." Oder: "Ich nehme die Seife hier und seife mich ein, weil ...." Kinder sehen, hören und ahmen nach.

Zusätzlich kannst du misshandelte Kindern "trainieren", während sie mit anderen Kindern spielen. Erkläre es ihnen ebenfalls von Fall zu Fall. "Nun, wenn du deinen Spielkameraden etwas wegnimmst, dann machst du sie ganz schön sauer; wenn du also möchtest, dass sie auch Spass bei diesem Spiel haben..." Durch erfolgreicheres Spielen mit anderen Kindern werden sie ein verbessertes Selbstwertgefühl und größere Zuversicht entwickeln. Im Laufe der Zeit werden die Erfolge mit anderen Kindern das Kind dazu bringen, sozial weniger unbeholfen und aggressiv zu sein.

Misshandelte Kinder sind auf Grund ihrer verzögerten Sozialisation oftmals unordentlich. Wenn das Kind wegen seiner Kleidung oder Ungepflegtheit geärgert wird, ist es sicher hilfreich, ihm coole Klamotten zu kaufen und seine Hygiene zu verbessern.

Einen weiterer Bereich, in dem diese Kinder Probleme haben, stellt die Anpassung an angemessene physische Kontakte dar. Sie wissen nicht, wann man jemanden umarmt, wie nahe man bei jemandem steht, wann man Blickkontakt aufnimmt und wann man ihn abbricht, was angemessene Umgebungen sind, um sich in der Nase zu bohren, seine Genitalien zu berühren, oder ähnliche Verhaltensweisen zu zeigen. Ironischerweise initiieren Kinder mit attachment-Problemen oft körperlichen Kontakt (Umarmungen, Festhalten, auf den Schoß krabbeln) zu Fremden. Erwachsene misinterpretieren dies als liebevolles Verhalten, was es jedoch nicht ist. Man sollte es am ehesten als eine "Bitte" verstehen und es ist sozial unangemessenes Verhalten. Wie Erwachsene mit diesem unangemessenen körperlichen Kontakt umgehen, ist äußerst wichtig. Wir sollten die Umarmung nicht verweigern und das Kind auch nicht belehren, wie sozial angemessenes Verhalten aussieht. Wir können das Kind behutsam hinsichtlich der Unterschiede in der Interaktion mit Erwachsenen und mit Kindern aufklären ("Warum setzt du dich nicht da drüben hin?")

Es ist wichtig, diese Lektionen mit so wenig Worten wie möglich klar zu machen. Sie sollten keine autoritären Anweisungen enthalten - auch keine nonverbalen. Es ist wichtig, es auf eine Art zu erklären, die dem Kind nicht das Gefühl vermittelt, dass es schuldig ist oder schlecht.

Höre den Kindern zu und rede mit ihnen:

Eins der schönsten Dinge, die man tun kann, ist innezuhalten, sich hinzusetzen, zuzuhören und zu spielen. Wenn man ruhig ist und mit den Kindern interagiert, wird man feststellen, dass sie zeigen und sagen, was wirklich in ihrem Innersten passiert. So einfach das klingt, ist es doch eins der schwierigsten Dinge, die Erwachsene tun können: inne zu halten, aufzuhören sich über ihre nächste Aufgabe Sorgen zu machen und sich wirklich im Hier und Jetzt mit einem Kind zu entspannen. Übe es. Du wirst über das Ergebnis verblüfft sein! Die Kinder werden spüren, dass du nur für sie da bist. Sie werden fühlen, wie du dich um sie kümmert.

Es sind diese Momente, in denen man diese Kinder am besten erreicht und lehren kann. Es ist eine großartige Zeit, um die Kinder über ihre verschiedenen "Gefühle" aufzuklären. Unabhängig von der Aktivität ist es wichtig, die folgenden Prinzipien einzubeziehen:

(1) Es ist bei allen Gefühlen völlig in Ordnung, sie zu fühlen - Trauer, Freude, Wut (eher bei älteren Kindern).

(2) Hilf dem Kind dabei, für jedes Gefühl, für Trauer, Freude oder Wut, gesunde Ausdrucksmöglichkeiten zu finden.

(3) Beginne mit ihnen zu erforschen, wie andere Personen vielleicht fühlen mögen und wie sie ihre Gefühle zeigen. "Was glaubst du wie Bobby sich fühlt, wenn du ihn stößt?"

(4) Wenn du deutlich spürst, dass das Kind traurig, fröhlich oder wütend ist, dann frage, wie es sich fühlt. Hilf ihm Worte und Begriffe für diese Gefühle zu finden.

Habe realistische Erwartungen an diese Kinder:

Missbrauchte und vernachlässigte Kinder haben so viel zu überwinden. Und einige werden nicht alle ihre Probleme jemals überwinden. Für ein im Alter von fünf Jahren adoptiertes rumänisches Waisenkind, das die ersten Lebensjahre ohne jede emotionale Zuwendung verbringen musste, sind die Aussichten begrenzt. Man hat ihm einen Teil - aber nicht sein gesamtes - Potential geraubt. Wir wissen nicht, wie wir das Potential eines Kindes in einem Vakuum voraussagen können, aber wir können das emotionale Verhalten, die sozialen und physischen Stärken und Schwächen eines Kindes messen. Eine umfassende Evaluation von qualifizierten Medizinern kann sehr hilfreich sein, um die starken und ausbaufähigen Seiten des Kindes sowie jene Bereiche des Kindes zu entdecken, in denen der Fortschritt langsamer verlaufen wird.

Habe Geduld mit den Fortschritten des Kindes und mit dir selbst:

Fortschritte werden dauern. Dieser langsame Fortschritt kann frustrierend sein und viele Adoptiveltern fühlen sich unfähig, weil all die Liebe, die Zeit und der Aufwand, die sie ihrem Kind entgegenbringen, scheinbar überhaupt keinen Effekt hat. Doch den hat es. Sei nicht zu hart zu dir selbst. Sehr viele liebende, qualifizierte und kompetente Eltern wurden durch die Bedürfnisse des von ihnen aufgenommenen vernachlässigten und missbrauchten Kindes überlastet.

Kümmere dich um dich selbst:

Sich um missbrauchte Kinder zu kümmern, kann erschöpfen und demoralisieren. Du kannst diesen Kindern nicht die beständige, vorhersagbare, bereichernde und unterstützende Sorge anbieten, die sie brauchen, wenn du dich erschöpft fühlst. Achte darauf, dass du Pausen und Unterstützung erhältst. Nutze die Ressourcen, die dir Freunde, die Familie oder die Gemeinde zur Verfügung stellen. Du wirst dem Kind nicht helfen können, wenn du dich ausgelaugt, depressiv, wütend, überwältigt und verletzt fühlst.

Nutze andere Ressourcen:

Viele Gemeinden haben Unterstützungsgruppen für Adoptiv- oder Pflegefamilien. Experten, die Erfahrung mit attachment-Problemen und misshandelten Kindern haben, können eine große Hilfe sein. Du wirst Hilfe brauchen. Erinnere dich: je früher und je nachhaltiger eingegriffen wird, um so besser. Kinder sind früh im Leben leichter zu formen und je älter sie werden, desto schwieriger ist es, Veränderungen herbeizuführen.


Attachment: Eine besondere Art der emotionalen Beziehung. Attachment beinhaltet Gegenseitigkeit, Trost, Sicherheit und Vergnügen für beide Individuen in der Beziehung.

Attunement: Die Fähigkeit die Komunikationsbedürfnisse eines anderen zu erkennen und sie zu erwidern. Das beinhaltet synchrone und verständnisvolle Aufmerksamkeit auf die verbalen und non-verbalen Hinweise des anderen.

Bond: Ein bond ist eine Beziehung. Bonds können spezieller gegenseitiger, emotionaler Natur sein wie ein attachment, oder auch auf anderen Emotionen beruhen (wie z.B. Angst - wie man sie in der Bindung zwischen Geiselnehmer und Geisel beobachten kann).

Bonding: Jede Aktivität oder Einstellung, die hilft, eine Beziehung zu etablieren oder aufrechtzuerhalten

Ungewöhnliche-Situation-Verfahren: Ein spezielles, klinisches Forschungsverfahren, das acht Trennungen und Wiedervereinigungen mit einem Kind und seinem primären Fürsorger beinhaltet und das entwickelt wurde, um die Natur des attachments zu erforschen


Bruce Duncan Perry, M.D., Ph.D.

Dr. Perry ist der Vorsitzende der ChildTrauma Academy und hatte von 1992 bis 2001 eine Forschungsprofessur für Kinderpsychiatrie am Baylor College of Medicine in Houston, Texas, inne, wo er auch Leiter der Kinderpsychiatrie des Texas Children`s Hospital war. Dr. Perry war zudem Direktor des Provincial Program in Children`s Mental Health in Alberta, Canada, und ist der Autor von mehr als zweihundert wissenschaftlichen Abhandlungen. Er hat Dutzende von Auszeichnungen und Ehrungen erhalten und ist eine international anerkannte Autorität im Bereich von Kindesmisshandlung und den Auswirkungen, die Traumata und Vernachlässigungen auf die Entwicklung des Gehirns haben. Dr. Perry hat zudem Titel in Kinderheilkunde, Pharmakologie und Neurologie inne.

Die Child Trauma Academy ist eine non-kommerzielle Organisation mit Sitz in Houston, Texas. Sie ist ein einzigartiger Zusammenschluss von Menschen und Einrichtungen, die daran arbeiten, das Leben gefährdeter Kinder durch direkte Betreuung, Forschung und Lehre zu verbessern. Die Child Trauma Academy kann im internet besucht werden: ChildTrauma website.

Ansprechpartnerin für weitere Informationen ist:

Jana Rubinstein, M.Ed., LPC, Director, ChildTrauma Academy, jlrcta@aol.com


Deutsche Übersetzung Markus für The Zero Oktober 2003

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