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The Official Website of Andrew Vachss

 

Lebensstil: Jugendlicher Gewalttäter

von Andrew Vachss

Nachfolgend lesen Sie einen Auszug aus dem ersten Buch von Andrew Vachss, einem Sachtext aus dem Jahre 1979, "The Life-Style Violent Juvenile". Als Buch längst vergriffen, ist es nun seit dem Jahr 2000 wieder auf CD-Rom erhältlich. Für weitere Informationen über die CD bitte hier clicken.

Interview mit "Pirate"

Das folgende Interview zwischen Andrew Vachss (V) und "Pirate" (P) fand 1977 irgendwo in New York statt. Namen und Orte wurden geändert, um die Vertraulichkeit zu wahren.


V: Unter welchen Umständen kamst Du das erste Mal mit den Blood Devils in Kontakt?

P: Nun, vor ein paar Jahren war ich in der Young Hawks Gang; Ich war ein Kriegsrat. Wir sind ab und zu aneinander geraten, und die meisten hatte ich von Angesicht zu Angesicht getroffen und ihre Gesicher wiedererkannt, als sie mich einsperrten ... die Bullen hatten ein paar von uns geschnappt. Aber wir sind nie näher miteinander bekannt geworden bis ich die Young Hawks verließ und wegzog [in eine andere Nachbarschaft] und ich die Blood Devils traf.

V: Wie wurdest Du Mitglied?

P: Ich hab` eine Menge verrückten Scheiß` gemacht.

V: Kannst Du das etwas näher erklären?

P: Der Präsident hatte was für dich zu tun, um in eine bestimmte Position zu gelangen - du mußtest was machen. Ich wollte Kriegsberater sein, also hatte ich ein Treffen mit einer anderen Gang auszumachen- alleine hingehen und es wirklich arrangieren ... und das habe ich getan.

V: Das war Deine ganze Einführung? Das war alles was Du zu tun hattest?

P: Nun, ich hatte noch andere Sachen zu machen. Wie in den Park gehen und vergewaltigen ... was ich tat. Jemanden überfallen. Und als letztes, sie nennen das deine letzte Performance, sind wir in die Innenstadt in eine weisse Nachbarschaft gegangen und ich habe ziemlich ekelhafte Sachen gemacht, ich hab` diesen weissen Typen mit `nem Baseballschläger geprügelt, der mit mehreren Zentimeter langen Nägel übersät war. Sie wollten nur sehen, ob ich den Mumm habe etwas zu tun, damit ich nicht später einen Rückzieher mache.

V: Hast Du diese Sachen mit anderen zusammen gemacht oder alleine?

P: Nun, sie waren dort.

V: Sie waren da um Dich zu beobachten?

P: Yeah. Aber ich glaube ich hab`es getan, weil ich wirklich bei ihnen dazugehören wollte. Ich habe gespürt dass, wenn ich es nicht mache, dann werden sie eine Menge anderer Sachen über mich denken von denen ich weiss, dass ich so nicht bin, also bin ich einfach losgegangen. Es ist passiert.

V: Aber dadurch wurden sie überzeugt, stimmt`s?

P: Ja.

V: Waren diese speziellen Handlungen das erste Mal, dass Du soetwas gemacht hast? War diese Vergewaltigung die erste, an der Du beteiligt warst?

P: Nein.

V: War es das erste Mal, dass Du jemanden mit einem Baseballschläger geschlagen hast?

P: Mit einem Baseballschläger? Yeah.

V: War der Überfall der erste, in den Du verwickelt warst?

P: Nein.

V: Wie alt warst du, als du das erste Mal in solche Aktivitäten einbezogen wurdest?

P: Elf, vielleicht zehn.

V: Als Du in diesem Alter warst und Du mit dieser Art von Aktivität zu tun hattest, hast Du da alleine oder mit anderen gehandelt?

P: Also, es hing einfach immer ein ganzer Haufen von uns zusammen herum. Wir waren immer zusammen. Und wir haben mitbekommen, dass eine Menge Leute sich zu Gangs zusammentaten, und wenn du selbst in keiner bist und gehst einfach so entlang, dann schlagen sie dich zusammen, ich meine sie verletzen dich wirklich, und ich hatte es satt verletzt zu werden, weisst Du, ohne jeden Grund. Also habe ich mich entschieden, lieber anderen wehzutun. Und wir entschieden uns, eine eigene Gang zusammenzubringen mit diesem Namen [Young Hawks].

V: So hast Du die Dinge gesehen; dass entweder Du anderen wehtust oder sie Dir wehtun?

P: Richtig.

V: Ist das immer noch so?

P: Was ich so mitbekomme, ist es an den meisten Orten so.

V: Wann kamst Du das erste Mal mit der Polizei in Berührung? Wie alt warst Du?

P: Elf, zwölf.

V: Was war die Beschuldigung?

P: Sie klagten mich wegen des Verdachts an, mit ein paar anderen diesen alten Mann zusammengeschlagen zu haben. Ich war auch da, aber ich weiss, dass sie mich nicht gesehen haben und ich hatte es so geplant, dass ich schnell von dort verschwinden könnte, so dass ich, falls sie nach meiner Mutter fragen würden, ihnen sagen könnte, dass sie nicht zuhause ist. Und ich brauchte einen Älteren, um mich rauszubekommen [der vorgibt ein Verwandter oder eine Aufsichtsperson zu sein]. Also hatten wir immer einen Älteren in der Gruppe, der einfach hingehen und irgendeinen Scheiss` erzählen konnte, um uns rauszubekommen. Meistens war das einfach, Sie haben mich einfach nur in ein Zimmer gesperrt [auf dem örtlichen Polizeirevier], dann wurden ein paar Papiere unterschrieben und raus war ich.

V: Das war auf dem Polizeirevier, ja? Was ist mit der Jugendeinrichtung?

P: Das ist schlimmer als auf der Straße. Ich meine, wenn du da bist, wenn du da hinkommst... dann veranlassen sie irgendeine "Aufnahme", ein paar Jungs bringen dich in eine Ecke und dann machen sie dich fertig, richtig fertig.

V: Ist Dir das passiert?

P: Ja, es ist mir passiert. Ich mußte eine Wahl treffen. Sieh mal, ich war in C-2, und da war ein Raum mit 29 oder 30 Leuten, junge Typen, und jeden Tag, den ich dort war, war ich quitt. Ein paar mochte ich, ein paar mochte ich nicht. Um diejenigen, die ich nicht mochte, mußte ich mich kümmern-

V: Was hast Du getan?

P: Ich habe viel gekämpft. Ich meine, gewöhnlich habe ich sie mit verschiedenen Gegenständen geschlagen. Ich habe sie ziemlich verletzt. Nur um Ihnen zu zeigen, dass ich nicht zu denen gehöre, die man leicht herumstossen kann.

V: Wie lange warst Du da?

P: Ein Jahr. Ein Jahr dafür, weil ich im Central Park war. Weisst Du, ich bin gerade aus der Schule raus und in den Park, da war eine ganze Gruppe von uns, und wir sind alle gerannt, und dann wurde jemand verletzt ...

V: Wie schlimm?

P: Sie sagen es war schlimm. Ich weiss nicht, wen auch immer es erwischt hat.

V: Du hast diese spezielle Sache nicht getan?

P: Nein, aber sie haben mich geschnappt. Als sie uns einsperrten, haben sie mich an meinen Kleidern und der Art wie ich angezogen war erkannt und mich einfach eingebuchtet.

V: Wer ist bei euch am gewalttätigsten, die Älteren oder die Jüngeren?

P: Die Jüngeren. Ich meine, die älteren Jungs, die meisten von ihnen wollen einfach mit ihren Mädchen herummachen, wollen es sich gemütlich machen. Die Jungen dagegen versuchen einfach das für eine Weile zu behalten, wofür sie gekämpft haben.

V: Wieviel weisst Du von den Strafgesetzen? Lass`mich Dir diese Frage stellen: wenn Du unter sechzehn bist, weisst Du, dass Du dann nicht in ein Gefängnis für Erwachsene gesteckt werden kannst? Weisst Du das?

P: Ja.

V: Aber Du weisst, dass das jetzt geht, ja? Mit anderen Worten, wenn sie dich schnappen wenn du Sechzehn bist-

P: Siebzehn!

V: Sechzehn!

P: Ich weiss nicht. Ich glaube sie nennen einen dann Ersttäter ... also fährt man nicht ein?

V: Man fährt nicht ein?

P: Ich frage das, man fährt nicht ein?

V: Natürlich würdest Du. Wenn du auch nur einen Tag älter als sechzehn bist, dann bist du wie ein Erwachsener, und wenn du eine ernsthafte Gewalttat begehst, dann wirst du mit Sicherheit eingesperrt. Überrascht Dich das?

P: Ja. Ab diesem Punkt ist man ein Erwachsener?

V: Ja.

P: Also ... gehst du wegen fast allem ins Gefängnis. Sie bringen dich irgendwo hin... ein Erziehungsheim und der Knast sind praktisch das Gleiche.

V: Du denkst, dass Du Zeit als Erwachsener absitzen kannst, richtig?

P: Ja. Wenn es das wert ist.

V: Wann wäre es das wert? Gib` mir ein paar Beispiele, was es das wert machen würde.

P: Jemand verletzen der mich oder meine Leute verletzt oder etwas getan hat, bei dem wir vollkommen dagegen sind. Ich würde losziehen und-

V: Was ist mit jemandem, der Dir überhaupt nichts getan hat?

P: Mir persönlich?

V: Dir oder Deinen Leuten. Jemanden zu vergewaltigen, den Du noch nie zuvor gesehen hast... ist es das wert?

P: Ich denke darüber nicht nach. Wenn ich müßte, würde ich nicht darüber nachdenken, ich würde es einfach tun.

V: Unter welchen Umständen würdest Du es tun? In welcher Situation müßtest Du sein?

P: Nichts Grosses. Ich kann dir aus jedem Grund etwas tun, wenn ich dich aus diesem Grund nicht mag, dann tue ich es. Wenn es eine kleine Sache ist, ich sie aber halt nicht mag, dann verletze ich Dich.

V: Haben andere Leute dieselbe Haltung Dir gegenüber? Mit anderen Worten, verletzen Dich Leute nur-

P: Sie haben es getan. Ich bin die Straße lang gegangen und nur weil ich auf der falschen Seite ging oder meine Jacke auf eine andere Weise getragen habe, wurde ich verletzt. Wirklich verletzt. Ich habe gelernt, auch durch die Leute mit denen ich zusammen bin. Wenn Du hier draussen leben und überleben willst, dann am besten auf diese Weise.

V: Leute verletzen bevor sie Dich verletzen?

P: Wenn Du die Chance hast, ja.

V: Erwartest Du, dass dich jeder verletzt, der die Möglichkeit dazu hat?

P: Das ist richtig.

V: Die Polizei würde Dich verletzen?

P: Die Polizei würde mich verletzen.

V: Normale Bürger würden Dich verletzen?

P: Sie haben es getan.

V: Was würdest Du tun, wenn Sie Dich morgen für eine ernste Sache wie Raubüberfall oder Vergewaltigung verhaften?

P: Was ich tun würde? Nichts würde ich tun.

V: Du würdest es also in Kauf nehmen, was auch immer passiert-

P: Das ist richtig. Versuchen, soviel wie möglich von meinen Leuten fernzuhalten.

V: Wie werden Entscheidungen bei den Blood Devils getroffen? Wie entscheiden sie, was passiert?

P: Wir haben sechs Leute am Tisch, die sitzen und reden dürfen.

V: Du bist einer von den Sechs, nicht wahr?

P: Richtig. Wir versuchen alles auf die einfachste Weise zu klären, aber wenn der Präsident oder der Vize-Präsident "Nein" sagt und vier von uns sagen "Ja", dann müssen wir erneut abstimmen, aus dem einfachen Grund dass sie da oben sind. Und wir sie respektieren.

V: Wirst Du nach oben kommen?

P: Wenn sie mich brauchen und ich die Chance habe, ja.

V: Erwartest Du dass das eintritt?

P: Es wird passieren.

V: Was ist der Unterschied zwischen Deiner Gang und den Savage Skulls?

P: Sie machen Sachen, an die wir wahrscheinlich nicht denken würden - wie z.B einen ganzen Club wegen einer Person auseinanderzunehmen.

V: Einen ganzen Club auseinandernehmen wegen einer Sache, die eine Person getan hat?

P: Wegen einer Person, richtig. Wir sind vollkommen gegen so etwas. Oder die Jüngeren für uns vorschicken. Ich würde keinen Dreizehn- oder Zehnjährigen losschicken und jemanden für mich angreifen lassen und nur daneben stehen. Ich würde es selbst machen.

V: Aber die Skulls tun es?

P: Ja, um so eng zusammen zu bleiben wie sie es tun, ist das der einzige Weg, wie es gehen kann. Die Jüngsten losschicken, die wahrscheinlich gefangen und verletzt werden, und dabei eher die Chance zu haben zusammenzubleiben, als wenn sie jemanden schicken, der schon siebzehn oder achtzehn Jahre alt ist. Er wird geschnappt und seine Chancen zurückzukommen sind nicht sehr gut.

V: Gibt es jemals grosse Meinungsunterschiede zwischen den Mitgliedern derselben Organisation? Was passiert, wenn bei den Devils zwei Leute eine schwerwiegende Meinungsverschiedenheit haben?

P: Nun, sie müßten sie auf die eine oder andere Weise beilegen. Wenn sie nicht einverstanden sind, je nachdem was es ist-

V: Nimm einen Streit um ein Mädchen. Wie wird das geklärt?

P: Das ist dumm.

V: Also passiert es nicht?

P: Es passiert. Es ist passiert. Sie sind rausgegangen und haben sich gegenseitig den Schädel eingeschlagen, und danach hatten sie sich eine Menge Bestrafung verdient. Wir verhängen drastische Bestrafungen. Ich meine, ich kann jemanden dafür verletzen, dass er etwas Dummes getan hat, es ist mir egal, wie nahe er mir steht.

V: Hast Du Geschwister?

P: Ich habe einen jüngeren Bruder und zwei ältere Brüder.

V: Was machen Deine älteren Brüder?

P: Ich weiss nicht; ich habe mich nie in ihr Leben eingemischt..

V: Was ist mit Deinem jüngeren Bruder?

P: Er versucht in die Fußstapfen zu treten.

V: Deine Fußstapfen?

P: Yeah.

V: Erwartest Du ihn bei den Devils?

P: Yeah. Wenn er mir weiter folgt, wird er dazugehören. Und wenn er einen Grund hat dabei zu sein, dann wird er dabei sein.

V: Was siehst Du Dich selbst in zwei Jahren tun ?

P: Ich sehe nicht in die Zukunft.

V: Sechs Monate?

P: Nun, in sechs Monaten ist es wahrscheinlich Sommer und wir haben wahrscheinlich eine größere Organisation als jetzt.

V: Du erwartest, dass Ihr im Sommer mehr Leute rekrutiert?

P: Meisten ist das im Sommer so. Die Kerle fühlen, dass sie etwas tun können, sie wissen nur nicht wo und wie sie es zeigen können, und wir schauen sie uns an. Dabnn sehen wir weiter. Aber es wird eine Weile dauern bis wir sagen können, ob einer völlig zu uns gehören kann.Wir sind schon an Leute gekommen, die wir ausgewählt haben, weil sie groß und stark waren und sie haben uns dann hängenlassen.

V: Ist es in Ordnung, wenn sie euch abweisen?

P: Für mich ist es das nicht.Wenn sie mich ablehnen, ist etwas dahinter. Irgendwas steckt hinter allem.

V: Und was glaubst Du was dahintersteckt?

P: Schuld. Ich meine, er weist mich ab, wenn ich ihn brauche. Wenn ich es verhindern kann, dann wird er nicht dazu in der Lage sein, irgendjemanden sonst abzuweisen.

V: Was ist mit Leuten die einfach nicht zu den Devils gehören wollen, aber in Eurem Gebiet leben? Ist das erlaubt? Laßt Ihr Leute neutral sein?

P: Wir haben nicht viele davon. Nur alte Leute. Die meisten Jugendlichen in unserer Nachbarschaft gehören auf irgendeine Weise dazu. Das ist der einzige Weg wie wir das beschützen können, das uns gehört.

V: Was gehört Euch?

P: Wir haben ein Territorium [ungefähr 12 x 12 Häuserblocks], aber wir haben es geschafft mit anderen Clubs in der Nähe zurechtzukommen. Wir sind mit ihnen zusammengekommen, um mit ihnen eine Verbrüderung einzugehen. Wir sind da, wenn sie uns brauchen, aber wir sind nicht von ihnen abhängig. Wenn ich weiss, dass es hart auf hart kommt, dann würde ich mich auf die Jungs die Strasse runter nicht verlassen, weil ich weiss wie sie sind, wenn sie auf das Territorium von jemand anders sollen, wo sie nicht hingehören; da gehen sie dann nicht. Ich sehe das anders. Wenn Du mich brauchst, egal wo, dann bin ich da, wenn es irgendwie geht. Ich krieg das dann hin.

V: Ist Eure Organisation ausschließlich Hispanic - sind überwiegend Latinos in Eurer Organisation ... habt Ihr Allianzen mit ausschließlich schwarzen Clubs?

P: Es gab einige davon. Unten am East River Drive. Es gibt noch ein paar. Aber sie fallen von selbst auseinander. Sie machen höchstens zwei, drei Dinger und dann brechen sie von selbst auseinander. Sie können nicht damit umgehen oder-

V: Sie bremsen sich bei bestimmten Sachen?

P: Yeah. Also kümmern wir uns nicht um sie. Sie existieren nicht mehr.

V: Was würdest du sagen ist im Moment der berüchtigtste Club in der Stadt?

P: Es gibt mehrere. Alle in der Bronx. Ich werde sehen, dass ich selbst dorthin ziehe.

V: Du willst in die Bronx ziehen?

P: Yeah. Meine Mutter hat mich rausgeworfen und ich bleibe bei meiner Grossmutter in der Bronx. Ich rede zwar nicht mit den Leuten da, weil ich weiss was sie machen und wie sie sich verhalten. Aber ich denke, so wie ich zu den Blood Devils kam werde ich in jede andere Gang kommen. Es wird wahrscheinlich wesentlich schwerer werden, aber ich bekomme das hin.

V: Wovon lebst Du? Arbeitest Du?

P: Nein.

V: Gehst Du in die Schule?

P: Nein. Ich kümmere mich nicht darum. Ich meine, sie kriegen mich nirgendwo hin. Sie kriegen niemanden von hier irgendwo hin.

V: Also wovon lebst Du?

P: Ich lebe von den Leuten auf den Strassen.

V: Stehlen?

P: Ich stehle. Ich raube. Ich komme zurecht.

V: Und Du wirst so weitermachen-

P: So lange wie es dauert.

V: Gibt es irgendeinen Job den Dir jemand anbieten könnte der Dich dazu bewegen könnte das aufzugeben, was Du jetzt machst?

P: Nein.

V: Überhaupt kein Job?

P: Nein.

V: Zweihundert Dollar die Woche?

P: Nein. Es würde mich von dem entfernen, wie ich aufgewachsen bin. Die Art wie ich mich fühle. Es würde mich wahrscheinlich zu einer anderen Person machen. Ich will das nicht. Wahrscheinlich würde ich woanders verletzt. So wie ich jetzt lebe, bin ich sicher, beschützt. Ich weiss, dass mir hier nichts passieren kann. Ich meine, ich werde wahrscheinlich eingesperrt, aber sobald ich rauskomme werde ich bei all dem Glauben und dem Respekt meiner Leute immer zurückkommen können und sagen "Nun, hier bin ich, ich bin zurück." Und sie werden mich so behandeln wie zu dem Zeitpunkt, als ich sie verlassen habe. Sie werden immer noch da sein. Jeder von ihnen schützt das, was sie wollen und was sie als ihnen gehörend empfinden. Sie bewahren es, werden es so lange bewahren, wie sie können.

V: Denkst Du, dass sich diese Situation mit den kämpfenden Banden in der Stadt fortsetzen wird?

P: Ja.

V: Wir hatten eine Menge davon; erinnere dich an die Fünfziger, Ich denke du hast davon gehört, es schien eine ganz große, DIE Sache zu sein. Und dann schien alles zu verschwinden-

P: Es ist nicht verschwunden. Wir haben es jetzt nur auf eine vollkommen andere Weise. Wir haben uns geändert. Wir sind nicht draussen, nicht wie in den Fünfzigern, sie hatten eine Menge Brüder mit Lederjacken und Motorrädern; das war ihr ein-und-alles. Sie haben nichts gemacht, solange es nicht um ihre Motorräder und so ging. Alles hat sich geändert. Wenn du was tun willst, wenn du etwas tief in deinem Innern wirklich tun willst, dann machst du es. Du überquerst den Fluß, ohne dir die Hosen nass zu machen; du machst es. Du schaffst es.

V: Was sind deine Ziele? Möglicherweise wirst Du der Präsident der Devils, oder trittst in einen der Clubs in der Bronx ein, richtig? Und danach? Hast du irgendwelche Ambitionen, verschiedene Clubs zu vereinen?

P: Geht nicht. Zu viele Leute da draussen sind nicht mit dem einverstanden, was wir wirklich fühlen. Solange sie damit nicht einverstanden sind, werden wir nicht zusammenkommen, auch wenn wir es wollen.

V: Was sind die grundlegenden Meinungsverschiedenheiten? Worin sind sich die Leute am meisten uneins?

P: Deine Einstellung, die Weise, wie du Sachen machst. Sie sind nicht damit einverstanden, wie du jemanden beklaust. Sie sind nicht einverstanden damit, wie du jemanden vergewaltigst. Sie wollen es auf eine vollkommen andere Weise tun. Sie wollen jemanden völlig loswerden. Das ist daneben.

V: Du würdest eine Grenze bei Totschlag ziehen, ist es das was du sagen willst?

P: Nein. Ich würde töten, wenn es erforderlich wäre. Ich meine, ich will was unternehmen, was zu meinem Vergnügen tun, vergewaltige meinetwegen jemanden. Wenn ich sie vergewaltige und es stellt sich heraus, dass ich sie in dieser Situation loswerden muß, dann tue ich das. Aber ich tue es nicht, um das zu Ende zu bringen, was ich von Anfang an tun wollte. Ich lasse sie einfach zurück, weil ich mit ihr fertig bin. Zum Teufel mit ihr. Lass sie gehen. Nein. Ich vergewaltige sie. Ich werde sie gehen lassen, wenn sie ruhig bleibt. Es kümmert mich nicht. Sie kann mich so oft wiedererkennen wie sie will. Kein Mädchen wird mich wegen einer Vergewaltigung in den Knast bringen.

V: Sie würde nicht gegen Dich aussagen?

P: Nein.

V: Warum?

P: Sie würde es nicht tun. Sie wäre blöde, wenn sie es täte. Wenn es wirklich dazu käme und sie würde gegen mich aussagen, dann wäre sie verrückt. Sie würde vielleicht doppelt bezahlen. Wenn sie es läßt wie es ist, dann tue ich ihr ein einziges Mal was, weil ich halt so bin; die anderen werden sie wahrscheinlich noch ärgern und ihr Angst machen, aber sie verliert nicht einfach so ihr Leben.

V: Du sprichst nicht nur von einem Mädchen aus der Nachbarschaft ...

P: Jedes Mädchen. Nein. Ich meine, ich tue etwas unter dem Schutz der Blood Devils. Also, wenn ich sie vergewaltige, dann weiss sie, dass es nicht irgendein Stadtbürschchen ist, dem gerade danach ist, sie zu vergewaltigen. Es ist JEMAND... sie sehen uns als böse, gemein, widerlich. Zum Teufel, ist mir egal. Aber wenn ich vergewaltige, wenn ich dich vergewaltige, und sie kriegen mich und du erkennst mich und sagst "Ja, das ist er", dann weiss jeder, dass du auf mich gezeigt hast. Wenn ich Schwierigkeiten bekommen, ich meine, wenn ich einfahre, dann werden sie etwas deswegen unternehmen. Da habe ich Vertrauen. Sie werden etwas unternehmen.

V: Ist das Deiner Erfahrung nach geschehen?

P: Ja. Wir haben einige Leute verletzt.

V: Gibt es irgendwelche Leute die du respektierst und in Ruhe läßt, die keine Mitglieder sind?

P: Meine Mutter und mein Vater. Das war`s. Gut, Turk hier [zeigt auf eine andere Person im Raum]. Er gehört nicht zu uns. Ich meine, er hat seinen eigenen Verstand, er versteht uns und er hat ein paar Jungs getroffen, die ihn soweit cool finden. Sie ... und ich mögen ihn; er ist in Ordnung. Aber das würde mich nicht davon abhalten etwas gegen ihn zu unternehmen, wenn er mir was tut oder jemandem von uns was tut.

V: Was, wenn du ihn nicht kennst; wenn du zu ihm überhaupt keinen Kontakt hast?

P: Du meinst ich bin dabei jemanden zu verletzen und er kommt mir in die Quere?

V: Nein, nein. Er ist nicht beteiligt. Laß` mich ein Beispiel nennen, okay? Wir treffen uns heute. Du und ich, ja? Dann triffst Du mich morgen auf der Strasse, wirst Du mich angreifen?

P: Nein.

V: Warum nicht?

P: So bin ich nicht. Ich greife nicht an, nur um dich anzugreifen. Ich mag dich sogar fast. Ich spreche jetzt hier mit dir und ich weiss den Grund dafür und ich werde nicht morgen rausgehen und dich verarschen und sagen "also der Mann ist dies und das und ich kann ihn nicht leiden." Ich muss Dich nicht loswerden. Du wirst mir nichts tun. Ich weiss das. Bruder Turk hat es mir gesagt. Du wirst mir nichts tun.

V: Also respektierst Du sein Wort?

P: Ja. Wenn du jetzt zu mir kämst und sagen würdest "Pirate, du erzählst hier dies und das, pass mal lieber auf, was du sagst", wenn man mich in eine Position bringt, dass ich mich wegen jemandem sehr zusammennehmen muß, es ist mir scheissegal wer es ist, wenn du mich weit genug treibst, dann werde ich dir wahrscheinlich wehtun.

V: Alle sind so, nicht wahr? Nicht nur du. Ich bin so, alle sind so; jeder hat ein Limit, nicht wahr?

P: Ja. Aber du hast dein Limit bei "Ich mag ihn nicht und wenn er Ärger mit mir haben will, dann werde ich ihm wehtun; "Ich mag dich nicht; wenn Du Ärger mit mir willst, dann werde ich dir wehtun". Du gehst dann wahrscheinlich zu demjenigen hin, sprichst mit ihm, fängst ein Gespräch an. Ich sehe Dich vielleicht auf der Strasse und Du rufst mich und ich sehe Dich, aber ich würde nicht stehenbleiben und mit Dir reden.

V: Was sind deine Voraussetzungen damit jemand mit dir befreundet sein kann? Wenn ich Dein Freund sein wollte, was müßte ich tun?

P: Ich würde Dich ziemlich lange um mich herum haben wollen, um zu sehen, was für eine Person Du wirklich bist.

V: Also nur Leute, mit denen Du jeden Tag zusammen bist?

P: Jeden Tag.

V: Und ansonsten hast du keine Freunde?

P: Keine Freunde. Ich kenne Leute draussen. Die Leute mit denen ich jeden Tag zusammen bin sind wie ein Dollar in meiner Tasche, jeden Tag. Jemand mit dem du dich draußen triffst und den du kennst, weil du mal seinen Namen gelesen hast oder er dich wahrscheinlich mal angesprochen hat ... der ist nicht Dein Freund. Er ist einfach nur eine Art von Spiegel. Du schaust hinein und es ist jemand drin, der zurückschaut, dich nicht mag und einfach nicht weiss, wie er damit herausrücken soll.

V: Du glaubst, dass Dich die meisten Leute nicht mögen?

P: Die meisten Leute mögen mich nicht.

V: Warum?

P: Ich habe Übung darin, ich schaue jemanden an und er schaut mich an und ich kann es spüren. Ich kann tatsächlich hören wie er zu sich sagt "Ich mag den Kerl nicht" und es ist mir egal. Ich weiss, dass er es denkt. Ich denke einfach mir wäre es lieber, wenn du irgendwie damit herausrücken würdest. Wenn du mich nicht magst, dann wirfst du mir den gleichen Blick zu, den du von mir bekommen hast und verhältst dich so, wie ich mich verhalten habe. Wenn du mich wissen lassen hast, dass du mich nicht magst und du versuchst mir trotzdem freundlich zu kommen, dann weiss ich, dass du irgendein Spiel spielst und ich werde herausfinden, was es ist.

V: Aber Du denkst, der durchschnittliche Mensch spielt irgendeine Art Spiel, hat irgendeinen Grund für das was er tut, ja? Das ist das, was Du mit Deinen eigenen Augen gesehen und beobachtet hast, ja? Es ist nicht nur ein Gefühl ...

P: Eine Menge Typen machen Sachen, weil sie sich auf eine Weise fühlen und auf eine andere Art leben. Ich meine, meine Mutter hat mich rausgeworfen. Ich hätte nie gedacht, dass sie das tatsächlich tun würde. Aber sie hat mich rausgeschmissen. Sie war nicht einverstanden damit wie ich bin. Das ist es, was ich gelernt habe. Ich war hier draussen und das habe ich dabei gelernt. Wie ich das sein kann, was ich jetzt bin.

V: Hast du irgendetwas darüber, wie du jetzt bist, gelernt während du in in diesen Besserungsanstalten warst?

P: Schon wenn sie dich erwischen, wenn du deine erste Handtasche klaust, und sie sperren dich ein, in dem Moment in dem du rauskommst, egal ob es zwei, drei Wochen oder wie lange auch immer ist, fängst du an zu spüren dass du zu einer Art von Organisation gehörst, und alles wird völlig anders. Du willst es erfahren, wirklich - Ich meine, ich war drin, und in der Zeit in der ich drin war, habe ich Typen sagen gehört "Ich mache dies und ich mache das"" und ich kam da nie hin. Und nun kamen sie mir so groß vor und ich wollte da auch hinkommen. Ich kam raus mit dem Willen zu tun, was auch immer ich tun will. Wenn ich Geld brauche und ich kann es auf keine andere Weise bekommen als es jemandem aus der Hand zu reissen oder es mir zu erkämpfen, dann tue ich es. Zu meiner eigenen Befriedigung würde ich es tun, denn das habe ich hier gelernt - lass` es zuerst dir gutgegehen und den Leuten an die du denkst und du kommst wahrscheinlich gut zurecht. Ich bekam Reis, Bohnen, Brot, Wasser. Jeden Tag, den ich hier draussen in den Straßen bin, bekomme ich das meiste von Freunden, von Mädchen in der Nachbarschaft. Wir necken sie oder befehlen ihnen, uns was zu Essen zu besorgen. Und weil sie uns kennen, tun sie es. Nicht weil sie Angst vor uns haben, sondern weil sie die Situation kennen, in der wir sind. Sie würden uns nicht hängenlassen. Nein, weil sie uns kennen, helfen sie uns. "Du bist ein Devil! Warum sollten wir Dich füttern?" So ist das nicht. "Du bist ein Devil und ich werde Dir was zu Essen geben, aber nicht weil ich Dich mag oder sowas. Ich gebe Dir was, weil wir zusammen sind. Ich weiss, dass Du das Gleiche für mich tun würdest." Ich meine, jemand kommt auf mich zu und sagt "Pirate, ich brauche Dich für eine bestimmte Sache und kann es nicht alleine machen." Ich werde es mit ihm gemeinsam tun. Ich gehe soweit wie möglich mit ihm, so dass er zufrieden ist und solange weiss er, dass, was auch immer er braucht, er jemanden hat, zu dem er damit kommen kann. Ich höre, dass viele niemanden haben, zu dem sie kommen können. Leute gehen einen grossen Teil ihres Lebens in die Schule und kommen raus, um sich ein paar Dollar zu verdienen, und sie bekommen einen Dreck. Ich bin besser dran als sie. Ich geh raus und will mir eine Hose kaufen, oder irgendwas anderes, oder ich will was unternehmen, Ich werde alles und jeden ausnehmen, den ich ausnehmen will. Einen Lebensmittelladen, Handtaschen klauen, Portemonnaies. Mache es auf, hab` ein paar Dollar in der Hand und du bekommst, was du willst. Die meisten Leute hier strampeln sich Tag für Tag ab, jeden Tag in der Woche, und bringen nichts nach Hause, und sie wissen nicht, was sie sagen sollen. Ich weiss was ich sagen muss, wenn ich kein Geld habe. Ich sage nur "streng dich mehr an" und gewöhnlich bekomme ich dann, was ich will. Ich bin hergekommen, weil Turk mir gesagt hat, was los ist und worum es hier geht. Weisst Du, ich habe mir vorgestellt, dass es einfacher ist als auf der Strasse herumzuhängen und herauszufinden, ob jemand aus der Bank kommt. Ich meine, ich könnte da draussen herumstehen und jemanden aus der Bank kommen sehen und ihn ausrauben.

V: Hast Du gelernt zu erkennen, welche Leute mit Geld rauskommen und welche nicht?

P: Definitiv.

V: Manchmal zahlen Leute Geld ein, nicht wahr?

P: Du lernst es. Du erkennst es. Du kannst jemand sein von dem ich fünfzig Dollar will. Das ist jemand, den ich wegen 50 Dollar beklaue. Ich habe Banken beobachtet, ich habe alte Leute gesehen, junge Leute, reiche Leute, die Geld in die Bank mit reinnahmen oder mit welchem rauskamen und ich habe ihnen sogar Namen gegeben. Ich habe ihnen Namen gegeben und sie angesprochen, sogar gesagt, dass Geld nett ist. Und ich bekomme es irgendwie. Wenn ich fünfzig Dollar brauche und weiss, ich kann das Appartement da drüben ausrauben, dann mache ich es und bekomme die fünfzig Dollar, für was auch immer, Stereo, Fernseher, alles mögliche. Solange ich zufrieden bin, solange ich was habe, was ich anderen geben kann, um jemand zu erfreuen der mir richtig nahe ist, dann ist das alles was wir wirklich brauchen... die kleinen Reiskörner anhäufen und sie zusammenpacken. Genau so sind wir.

V: Wenn Du jemanden ausnehmen willst, versuchst Du Dir ein Urteil zu bilden, wie schwer es werden wird? Versuchst Du, Dir leichte Ziele herauszusuchen?

P: Nein. Du kannst das so nicht sehen. Nein. Du willst jemanden ausnehmen und jemand kommt entlang, alles klar, das ist dein Opfer.Wenn Du ihn vorbeiläßt und dir den nächsten vornimmst, dann hat der womöglich nichts und der vor ihm hat es womöglich mitbekommen. Also nutzt du die erste Chance die du bekommst. Und nimmst es so wie es kommt. Wenn ich dich an der Kehle packe und du kniest dich auf den Boden, dann machst du es mir leichter, weil ich Dich einfach nur dort halten muss. Wenn du einer von denen bist, die gerne mit den Armen herumfuchteln, dann werde ich dein Geld auch kriegen während du mit deinen Armen herumfuchtelst und mich dabei womöglich im Gesicht verletzt. Aber ich werde dir dafür weh tun, dass du mich verletzt hast.

V: Was passiert, wenn derjenige einfach aufgibt? Einfach sagt: "Nimm` mein Geld?"

P: Ich nehme es.

V: Und das war`s?

P: Das war`s. Und ich gehe. Aber wenn er irgendwas versucht, dann tue ich ihm weh. Blut sehen hat was für mich. Ich denke, deshalb nennen sie mich Pirat. Ich mag Blut. Ich würde dich nicht schneiden, wenn du mir ruhig dein Geld gegeben hast. Früher oder später könntest du gehen und höchstens sagen "ich habe ihn gesehen.". Aber wenn du mich reinlegen willst und mir hinterherrennst, nachdem ich dein Geld habe und abhaue, oder wenn du versuchst mich währenddessen festzuhalten... dann bringst du dein Leben selbst in Gefahr. So sehe ich das.

V: Was denkst du von Leuten, die ein Verbrechen an dir persönlich begehen?

P: So sind sie einfach.

V: Du empfindest keine Feindschaft gegen sie?

P: Ich meine, ich laufe da lang und jemand beklaut mich, will mich beklauen. Ich versuche das zu verhindern, aber schließlich wird er mich beklauen. Ich werde mich nicht einfach hinsetzen und es mir gefallen lassen. Er hat mich beklaut.

V: Du unternimmst etwas deswegen?

P: Ja. Wenn ich ihn in die Finger kriegen kann, dann tue ich das. Wenn ich weiss, was los ist, dann kriege ich ihn. Wenn ich aber weiss, dass es nicht geht und wenn wir entschieden haben, dass wir an diese Person nicht rankommen, nun, zum Teufel, es ist passiert, Mann, und es ist vorbei. Ich meine damit nicht, dass ich nichts unternehme oder mich nicht mehr erinnere, wenn ich ihm wieder begegne. Ich kann mich an eine Menge Typen erinnern, die mich verletzt haben. Einfach nur so. Haben mich die Strasse lang gehen sehen und mich getreten und sind auf mir herumgetrampelt. Ich konnte nichts dagegen tun. Wir haben darüber gesprochen. Ich habe die Person beschrieben, ganz genau wer er ist, und wir sind es ganz genau durchgegangen. Du kannst ihn dir nicht vornehmen. Und du tobst! "Warum kann ich ihn mir nicht vornehmen? Er hat sich an mir vergriffen.". Du kommst nicht an ihn ran. Und es kommt heraus, warum nicht. Du kannst ihn dir einfach nicht vornehmen.

V: Was könnte ein Grund dafür sein, dass du nicht an ihn rankannst?

P: Er ist jemand in einer verbrüderten Gang. Einer Bruderschaft; er gehört zu jemandem in dieser Gang. Ich könnte nicht zu ihm gehen und auf ihn einstechen, weil er mein Geld genommen hat, denn dann verletzt man jemanden von den eigenen Leuten. Sie wissen es vielleicht auch, aber sagen sich nur "Ist mir egal.". Das ist es, wo unsere Gemeinsamkeiten fehlen. Und deswegen kommen wir nicht wirklich zusammen. Ich meine, wenn wir einfach sagen könnten "Er ist mein Bruder, aber er hat mich ausgenommen.". Ich könnte mich mit dir hinsetzen und dich fragen "Lass` uns drüber reden; warum hast du mich beklaut?" Er kommt zu mir und sagt mir "Ich wußte, dass Du was hattest ... und, in Ordnung... " ... aber wenn du zu mir kommst und sagst, "ich hab dich beklaut, aber du darfst mich nicht beklauen, das ist Scheisse...." Wir sind da sehr grundsätzlich mit den Dingen, die wir tun. Wir tun sie, aber nicht auf eine blödsinnige Weise. Es ist nicht unser Ziel, zu verletzen; du versuchst nicht selbst verletzt zu werden, wenn du was tust, oder denjenigen zu verletzen, dem du was tust ... tue es einfach und sei zufrieden damit. Das ist alles.

V: Du redest jetzt über Gerechtigkeit, richtig? Was denkst Du wie die Dinge erledigt werden sollten? Wenn jemand in mein Haus einbricht, meine Frau vergewaltigt... was sollte ich tun?

P: Hast Du "Death Wish" ("Ein Mann Sieht Rot" mit Charles Bronson; Anm. d. Übersetzers) gesehen?

V: Ja.

P: Du gehst raus und suchst nach demjenigen. Schützt Dich so gut Du kannst. Dann findest Du ihn und kriegst ihn. Wenn du versuchst, dich vor jedem anderen zu verstecken und niemanden herausfinden lassen willst, was genau passiert ist, dann könntest du genausogut sagen "Hier bin ich; holt mich," weil sie dich kriegen werden. Irgendjemand wird dich sehen und er wird sich daran erinnern dass du den Kerl abgeknallt hast, weil er deine Frau vergewaltigt hat und das war es dann mit dem Verstecken. Er wird dich fertigmachen. Er wird dich gründlich loswerden. Und er wird glücklich darüber sein und alles versuchen, was er kann, damit seine Leute genauso glücklich sind, dich los zu sein. Es hat dich auch erwischt Wenn du aber kommst und die Person findest und sie dir vornimmst, und wenn du es tatsächlich durchziehst jemanden zu treffen und tatsächlich zu sagen "Hör` zu, ich habe ihn mir vorgenommen, weil er meine Frau vergewaltigt hat, und ich wusste wo er war und wer er ist und ich habe ihn einfach gehasst", wenn du tatsächlich damit kommst ... die meisten Leute haben vor so etwas Angst. Sie haben Angst dass sie am Ende... nachdem ihnen jemand gesagt hat, dass sie gehen können, dass man ihnen ein Messer in den Rücken sticht. Aber das ist nicht wahr.

V: Du sagst jeder da drausssen wird dir wehtun?

P: Irgendwie. Wenn sie Gelegenheit dazu bekommen.

V: Es gibt verschiedene Wege wie dich jemand verletzen kann. Ich meine, es gibt Wege dich zu verletzen außer durch Gewalt.

P: Definitiv. Ich meine, da sind Leute, die hinter einem Schreibtisch sitzen, weisses Hemd, schwarzer Anzug und der Bastard wird dir wehtun. Wenn du ihm gegenübertrittst, ganz egal wie nett und unschuldig du aussiehst, wird er dir irgendwie wehtun und dieser Schmerz bringt dich von dem weg, was du eigentlich tun willst ...

V: Was ist mit den Leuten deren Geschäft es ist euch zu beschützen?

P: Wer beschützt uns denn außer unseren eigenen Leuten?

V: Was ist wenn Du verhaftet wirst? Würde Dich ein Anwalt nicht beschützen?

P: Ich weiss nicht. So weit bin ich nicht gekommen. Ich würde einem Anwalt nicht trauen. Ich kann niemandem trauen. Ich traue nur den Leuten, mit denen ich lebe. Wie die Leute die ich das jeden Tag durchstehen sehe und die das akzeptieren. Ich meine, sie überleben hier draussen tatsächlich.. Ich fing an über diese Dinge nachzudenken als ich zehn oder elf war. Mir wurde klar, dass man niemandem da draussen trauen kann. Ich bin herumgelaufen, die Schule geschmissen, hatte zum Frühstück nichts zum Essen. Du gehst in ein Restaurant, läufst um einen Tisch, siehst einen Dollar fünfundsiebzig und es ist deiner. Du nimmst ihn dankend an dich und gehst raus. Du hast einen Dollar fünfundsiebzig. Zwei Stunden später schnappt dich ein Cop und er verlangt tatsächlich, dass du mal versuchen sollst vor ihm wegzulaufen. Und sie tun dir weiter weh, indem sie dir so viele Fragen stellen "warum bist du heute nicht in der Schule?" und sie tun dir weiter weh, sie wissen, dass sie dir Ärger machen, jeder wird erfahren, was du heute getan hast. Deine Mutter findet es heraus, dein Vater bekommt es mit, dein Lehrer erfährt, dass du eingesperrt wurdest. Warum? Weil der Hurensohn dich nicht deine Runde machen lassen wollte, dich nicht die Strasse lang laufen lassen wollte, du dich nicht einfach um deine eigenen Angelegenheiten kümmern und vorbeigehen kannst. Nein, du bist ein Jugendlicher und gehörst in die Schule; das Gesetz sagt, du gehörst in die Schule, und das Gesetz ist falsch. Wir kümmern uns nicht darum, was das Gesetz sagt; wenn du nicht in die Schule gehen willst, dann gehst du nicht in die Schule. Ich bin nicht in die Schule gegangen. Ich habe die Schule nicht gemocht-

V: Liest Du?

P: Zeitschriften, Comic-Hefte, yeah. Das sind Sachen mit denen ich mir die Zeit vertreibe.

V: Bringst du den Jüngeren was bei; gibst du irgendeine Art von Unterricht?

P: Ja. Ein Messer schnell genug ziehen. Rennen. Zick-Zack. Ausweichen. Handtaschen klauen. Schnell. Das ist ungefähr alles was ich kann- das sind all die Fähigkeiten die ich jemanden beibringen kann. Ich meine, es ist nicht so, das ich mich hinsetzen und jemandem erzählen kann "lass und dies und jenes tun und so machen wir es." Du sagst mir, ich soll ihnen beibringen ein Messer zu ziehen und ich zeige ihnen, wie man ein Messer zieht. Ich bringe ihnen bei, wie man es richtig benutzt. Und wahrscheinlich wird er in der Zeit, in der ich das mache, spüren dass er jemand wird; so wie ich gespürt habe, dass ich jemand werde, dort drin [der staatlichen Besserungsanstalt]- Ich habe gemerkt, ich werde Pirate, die schnellste Klinge. Der schnellste Kerl mit einer Klinge. Und auch jetzt fühle ich mich als der schnellste Kerl mit einer Klinge.

V: Wann hast du dich zum ersten Mal so gefühlt, als du drinnen warst?

P: Yeah. Da drinnen. Wenn du es tatsächlich öfters benutzt, wenn du versuchst etwas zu finden, das so gut ist wie ein Messer oder eine Schere. Halbiere eine Schere in zwei Teile. Hab` einfach irgendwas, was du rausziehen und ihnen zeigen kannst. Du erlaubst ihnen nicht auf dir herumzutrampeln, nur weil du kleiner bist, oder ein Latino oder warum auch immer.

V: Wenn jemand zu Dir sagt "Ich mag Dich, ich respektiere Dich," dann traust Du dem nicht, oder?

P: Ich nehme ihm das nicht ab. Nein. Du mußt es mir tatsächlich zeigen. Und ich verrate dir nicht, wie du es mir zeigen kannst. Du musst es mir auf deine Weise zeigen und wenn ich deine Art mag und merke dass du jemand mit einem guten Beweggrund bist, dann werde ich dir mit der Zeit trauen...aber du kannst nicht zu mir kommen und sagen "Pirate, du bist ein netter Kerl". Das ist völlig out, dann verstehst du mich nicht im geringsten. Ich meine, ich beobachte dich. Du bist jemand der gerne mit Kanonen herumspielt; du weisst viel über Kanonen. Du kannst mit einer M-16 oder einem Gewehr gut umgehen. Also werde ich jedesmal, wenn ich eine Waffe in die Finger bekomme sichergehen, das du das mitbekommst. Weil es das ist, worüber du Bescheid weisst. Ich, ich weiss mit man mit einem Messer umgeht, wie man ein Messer reinsticht und rauszieht. Ich habe Sachen auf der Straße von älteren Leuten gelernt, die ihr halbes Leben das machen, was ich jetzt mache. Und sie tun es immer noch, nur auf eine andere Weise und ich schaue mir Sachen von ihnen ab. Und sie zeigen mir eine Menge. Sie wissen alles was ich wissen möchte. Ich muß nicht in irgendeinem Raum mit einer Tafel sitzen, irgendjemand anderem zuhören, oder machen, was sie mir sagen. Ich mache einfach das, was ich wirklich tun will und lerne, wie das geht.

V: Möchtest Du irgendetwas sagen, bevor wir das hier beenden?

P: Nein. Nur dass ich zu den Blood Devils gehöre und es viel mehr als Leute hier in den Straßen braucht um mich davon zu überzeugen, dass es noch irgendetwas anderes in diesem Apfel gibt, den sie New York City nennen.


Auszug aus The Life-Style Violent Juvenile by Andrew Vachss.
Original: © 1979 Andrew Vachss.
CD-ROM Version: © 2000 Andrew Vachss. 2000 Deutsche Übersetzung Andreas Huettl für The Zero
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