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Der Fall Dutroux - der Prozess

Die Plädoyers der Verteigung und das Schlusswort des Marc Dutroux

Die achtjährige Vorgeschichte des Falles Dutroux bis zur Prozesseröffnung hier clicken

Der Ablauf der vorangegangenen Prozesswochen: hier clicken

Das Urteil: hier clicken

Mehrere Verteidiger des Marc Dutorux haben wesentliche Grundlagen der Anklageschrift in Frage gestellt. Die Anklage beruhe in weiten Teilen auf den Aussagen von Michelle Martin, der mitangeklagten Ex-Frau von Kinderschänder Marc Dutroux, sagte dessen Anwalt Ronny Baudewyn am Mittwoch vor dem Schwurgericht von Arlon. Martin habe aber wiederholt die Unwahrheit gesagt.

Ähnlich äusserte sich ein Verteidiger des Mitangeklagten Michel Nihoul: "Wenn Sie ein Vernehmungsprotokoll von Michelle Martin nachlesen, dann lesen sie auch die 49 anderen, die das Gegenteil sagen." Der Anwalt forderte einen Freispruch für Nihoul, der als mögliches Bindeglied zu Hintermännern von Dutroux gilt.

Dutroux selbst bestritt erneut jede Beteiligung an dieser ersten von insgesamt sechs Entführungen, die ihm zur Last gelegt werden. In einem maschinengeschriebenen Brief aus dem Gefängnis, der den belgischen Privatsender AB3 erreichte, beschuldigte der vorbestrafte Entführer und Vergewaltiger wiederum ein unbekanntes Netzwerk. Die organisierte Kriminalität sei so tief in den Staatsapparat eingedrungen, dass niemand diese Missstände mehr anzuklagen wage, behauptete Dutroux in seinem Brief.

Dutroux' Pflichtverteidiger Ronny Baudewijn bestätigte, dass sich sein Mandant mit dem Schreiben an die Öffentlichkeit habe wenden wollen. Allerdings hätten seine Anwälte nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft entschieden, es unter Verschluss zu halten. Offenbar sei es dann aber über andere Anwälte an die Medien gelangt. Ein direkter Kontakt mit der Öffentlichkeit ist Dutroux untersagt.

Dutroux' Verteidiger, Star-Anwalt Xavier Magnée, klagte in seinem Plädoyer die Gesellschaft an: Dutroux sei geprägt worden vom kriminellen Milieu seiner Heimatstadt Charleroi. Dort habe sogar die Gendarmerie an Drogenhandel und Kinderprostitution der Mafia verdient. Magnées Schluss: "Der Teufel war nicht allein." Die entscheidende Frage aber sei offen geblieben: Ist Dutroux ein perverser Einzeltäter oder arbeitete er für ein Pädophilen-Netzwerk? In seinem eindrucksvollen Plädoyer referierte der Staranwalt am Dienstag über die offenen Fragen und warf den Ermittlern schwere Versäumnisse bei der Aufklärung der wahren Geschehnisse vor. Immer da, wo die Spur nicht direkt zu Dutroux geführt habe, seien die Ermittlungen eingestellt worden.

Hinter den Taten des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux steht nach Überzeugung seines Hauptverteidigers ein verzweigtes Pädophilen-Netzwerk. "Die Verteidigung plädiert heute, dass wir uns einer ausgedehnten Organisation gegenüber sehen", sagte Anwalt Xavier Magnée vor dem Schwurgericht von Arlon. Dort geht der Prozess um die Entführung von sechs Mädchen, von denen vier in der Gefangenschaft qualvoll starben, in seine Schlussphase. Stets hat der 68- Jährige Magnée die Suche nach der Wahrheit als sein Hauptmotiv für die Verteidigung Dutroux' genannt. Magnee wird sich nach dem Prozess zur Ruhe setzen. Das Mandat habe er nur angenommen, um der belgischen Gesellschaft einen Dienst zu erweisen. Ein Honorar nimmt er dafür nicht.

Als Dutroux im Sommer 1996 festgenommen wurde, die ausgemergelten Leichen von vier entführten Mädchen entdeckt und zwei Opfer aus dem Keller ihres Peinigers befreit wurden, seien Hunderttausende Belgier für eine rasche Aufklärung der Affäre auf die Straßen gegangen: "Glauben sie, der Weiße Marsch hat stattgefunden, weil man in Marcinelle einen Einzeltäter festgenommen hat?", fragte Magnée die zwölf Geschworenen in seinem Plädoyer.

Glaubt man den Worten des Staranwalts, ist das Gericht nach dreimonatiger Verhandlung weit von der Wahrheit entfernt. Dazu habe eine Verschleppungstaktik der belgischen Justizbehörden beigetragen. Erst fünf Jahre nach der Festnahme des Hauptangeklagten habe man damit begonnen, die 6000 Haare - "das ist ein ganzer Friseursalon" - aus dem Mädchenversteck im Dutroux-Keller zu untersuchen. Zahlreiche Zeugenaussagen und Spuren seien nicht weiter verfolgt worden. Manche Polizisten und Untersuchungsrichter Jacques Langlois hätten etliche Hinweise gezielt unterdrückt oder fallen gelassen, meinte Magnée. Auch Dutroux, dem Entführungen und mehrere Morde zur Last gelegt werden, hat mehrfach, aber unkonkret von Hintermännern gesprochen. "Ich bitte sie, die Augen zu öffnen für das Störende, für das Unklare", sagte der Dutroux-Verteidiger den Geschworenen. Eigentlich, so ließ Magnée anklingen, müssten aber viel mehr Beschuldigte im Glaskasten der Angeklagten sitzen. Doch Verbindungen zu einer Satanistensekte oder zu einem Barbesitzer in Charleroi, vor dessen Etablissement eine Zeugin die beiden jüngsten Entführungsopfer Julie und Mélissa, damals acht Jahre alt, in Begleitung eines Mannes vor dem Etablissement gesehen haben will. "Es ist nicht verrückt anzunehmen, dass die Mädchen aus dem Haus geführt wurden, um dorthin geliefert zu werden", sagte Magnée. Staatsanwalt Michel Bourlet habe eine Hausdurchsuchung beantragt, Untersuchungsrichter Langlois sie jedoch abgelehnt.

Am Ende seines Plädoyers forderte Magnée die Geschworenen auf, Dutroux nicht in allen Punkten für schuldig zu erklären, weil dann der Fall für immer zu den Akten gelegt würde. Mögliche weitere Schuldige würden dann für immer straffrei bleiben.

Dutroux selbst stellte sich in seinen abschließenden Worten als Opfer dar. Er kritisierte die „scharfen Attacken“, die im Prozess gegen ihn gerichtet worden seien, während er „weder Zeit noch Mittel“ gehabt habe, um sich zu wehren. „Ich will meine Rolle nicht herunterspielen“, sagte er. Den Geschworenen versicherte er jedoch, sie sollten nicht denken, dass in diesem Prozess alles gesagt worden sei. Er sei von den Medien „gelyncht“ worden. Dutroux gab in seinem Schlusswort zu, mehrere Mädchen entführt und vergewaltigt zu haben. Er habe sie jedoch nicht getötet und sei nur ein Rad im Getriebe eines Kinderschänderrings gewesen. "Ich bin hier, um verurteilt zu werden, und meine Irrwege müssen verurteilt werden", sagte er. Dutroux rief in seinem Schlusswort seine Mitangeklagten auf, die Wahrheit über den Tod der vier Mädchen zu sagen, deren Leichen 1996 verscharrt gefunden worden waren. "Auch ich will das erfahren", sagte Dutroux.

Er beschuldigte erneut seine Ex-Frau, die Umstände des Todes der jüngsten Opfer, Julie Lejeune and Melissa Russo, zu kennen. Erneut warf Dutroux Nihoul vor, der Anführer einer Kinderschänderbande gewesen zu sein, die für den Tod der anderen beiden Mädchen, An Marchal and Eefje Lambrecks, verantwortlich Nicht die Ermittler, sondern er habe Sabine und Laetitia aus dem Keller befreit. Sabine Dardenne, eines der geretteten Opfer, konnte das nicht mehr mit anhören und verließ den Saal.

Gegenüber den Eltern seiner Opfer äußerte Dutroux zunächst sein „aufrichtiges Bedauern“ über seine Taten. „Sie sind Eltern, wie ich mir sie gewünscht hätte.“ Er selbst wolle sich vor allem gegenüber seinen eigenen Kindern entschuldigen. Er sagte zu dem schockierten Auditorium: „Sie wissen nicht, was ich jeden Tag, den ich von denjenigen, die ich liebe, getrennt bin, durchstehe.“ Dutroux forderte seine mitangeklagte Ex-Frau Michèle Martin auf, aus Liebe zu den gemeinsamen Kindern und der Familie die Wahrheit zu sagen. „Michelle, ich habe Dich geliebt wie keine andere“, sagte er.

Martin, die einen Meter neben dem Hauptangeklagten hinter den schusssicheren Scheiben der Beschuldigtenbox saß, verbarg ihr Gesicht die meiste Zeit in ihren Händen. Martin sagte während ihres Schlusswortes, es sei „unverzeihbar“, was sie angerichtet habe. Es bliebe ihr nur noch das Schweigen.


Die Geschworenen ziehen sich im Anschluss an die Schlussworte in einer Militärkaserne in der Nähe Arlons zurück. Das Gelände wird von Militär und Polizei gesichert, ein Kontakt der Jury zur Außenwelt ist streng untersagt. Handys, Radio, Fernsehen oder Internetverbindungen sind nicht erlaubt. Jedes Jurymitglied bekommt ein Schlafzimmer mit Dusche und Toilette. Die Geschworenen werden die Kaserne erst verlassen, wenn sie zu einem Schluss gekommen sind. Die Entscheidung über Schuld oder Unschuld der Angeklagten muss nicht einstimmig sein. Lautet das Abstimmungsergebnis acht zu vier, ist die Entscheidung getroffen. Bei einem sieben zu fünf müssen der Vorsitzende Richter und seine beiden Beisitzer die Entscheidung mitstimmen. Ein sechs zu sechs bedeutet Freispruch. Pressesprecher glauben, die Beratungen dürften zwei bis sogar vier Tage dauern.

zum Urteil gegen Marc Dutroux und die Mitangeklagten



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