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Artikel von Dr. Joel Dvoskin: März 2007

Religion, Sex, and Politik

von Dr. Joel A. Dvoskin
University of Arizona College of Medicine


Dr. Joel Dvoskin ist einer von Amerikas führenden forensischen Psychologen.  Er ist Präsident der Abteilung Psychologists in Public Service of American Psychological Association und  der designierte Präsident  von  APA's American Psychology - Law Society division

Dr. Dvoskin wurden Preise der National Coalition for the Mentally Ill des  Criminal Justice System und der American Academy of Psychiatry and the Law verliehen. Dr. Dvoskin ist assistant professor an der University of Arizona, der  New York University Medical School  und dem Louisiana State University Medical Center. Seit 1995 ist er als niedergelassener forensischer Psychologe und als Sachverständiger in zivil- und strafrechtlichen Angelegenheiten tätig; ferner in beratender Funktion von psychiatrischen Einrichtungen des Gesundheitsdienstes und der Justiz sowie Verbrechenspräventionsprogrammen.


Mit großem Bedauern habe ich vom Ausgang des interessanten Falles des ehemaligen Reverend Ted Haggard gelesen. Wie Sie sich vielleicht erinnern werden, musste Mr. Haggard von seinem Amt als Präsident der National Association of Evangelicals zurücktreten und wurde als Oberhaupt seiner 14.000 Mitglieder zählenden Kirche gefeuert, nachdem ein männlicher Prostituierter in Denver angab, über drei Jahre hinweg bezahlten Sex mit Haggard gehabt zu haben. In der jüngsten Folge dieser unglaublichen Seifenoper wird uns mitgeteilt, dass  "Reverend (sic) Ted Haggard nach drei Wochen intensiver psychologischer Beratung überzeugt ist,  'vollkommen heterosexuell zu sein….'"

Nachdem er nunmehr angeblich von seiner Neigung für diese spezielle Sünde geheilt ist, sollen Haggard und seine Frau die Stadt verlassen haben, weil die evangelische christliche Gemeinschaft von Colorado Springs ihm scheinbar nicht vergeben kann. Rev. Mike Ware aus Westminster, Colorado, bringt es so zum Ausdruck, "Es ist schwer, jetzt in Colorado Springs Heilung zu finden. Es ist wie eine offene Wunde. Er muss sich an einen Ort begeben, wo seine Wunden heilen können." Offenkundig ist eine christliche Gemeinschaft kein guter Ort um Heilung zu erfahren. Stellen Sie sich das vor.

Der erbärmlichste Teil dieser "Der Fall der Mächtigen"-Begebenheiten ist natürlich, dass die Mächtigen wirklich niemals ihre Lektion lernen,  wenn sie beschämt werden. In diesem Fall scheinen Haggard und seine spirituellen Berater zu glauben, dass seine Sünde die Homosexualität war. Auf der anderen Seite scheint miese Scheinheiligkeit weiterhin als noble christliche Eigenschaft bewertet zu werden — offensichtlich solange, wie man nicht erwischt wird.

Ich muss gestehen dass ich es erstaunlich finde, wenn ein christlicher Priester einräumt, dass eine christliche Gemeinschaft ein "schlechter Ort für Heilung" ist. Irgendwie scheint ihm das ganze Konzept des Christentums—Sie wissen schon, all die Dinge wie Liebe, Vergebung, Erlösung, Freundlichkeit und Großzügigkeit— entgangen zu sein.

Ich habe großen Respekt vor aufrichtigen religiösen und spirituellen Überzeugungen, ob sie mit meinen eigenen übereinstimmen oder nicht. Ich wünschte, dass einige meiner liberalen Freunde den religiösen Überzeugungen anderer Menschen weniger intolerant und respektvoller gegenüber stünden, auch wenn sie sie nicht teilen. Während meine eigenen ehrlich gesagt zaghaft und bescheiden sind, habe ich stets geglaubt, dass jedwede höhere Macht genug Verstand haben müsste, sich nicht über den Kleinkram zu ärgern. Für mich ist das Etikett, unter dem sich Menschen bei ihrer Gottheit bewerben, weit weniger von Bedeutung, als ob sie ein gutes Leben führen oder nicht. Um ein nicht unbedeutendes Beispiel zu gebrauchen: ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott, der sehr beschäftigt zu sein scheint, sich mehr damit befasst wie Menschen Sex haben als damit, ob sie ihre eigenen Kinder misshandeln und quälen. Wo sind die politisierenden Glaubensgemeinschaften, wenn es um den Kinderschutz geht? Ihr Schweigen ist absolut ohrenbetäubend.

Kulturelle Gepflogenheiten unterscheiden sich ganz erheblich von einer Gesellschaft zur anderen, aber so gut wie in jeder Kultur auf diesem Erdboden, zumindest unter den Menschen, ist es grundsätzlicher Konsens, dass es schlecht ist, gemein zu sein. Dennoch fahren diese selbstgefälligen, selbsternannten Moralapostel fort, jeden zu verurteilen, zu verdammen und zu stigmatisieren, der nicht im Gleichschritt mit ihrem Glaubensystem marschiert.

Wenn jemand vorbringt, die Lehren Jesu Christi zu befolgen, dann ist es mir lieber, wenn er tatsächlich dem Aufmerksamkeit schenkt, was sein Herr und Erlöser sagte, und noch viel mehr dem, was er tat. Während die Selbstgefälligen und Mächtigen Maria Magdalena zurückwiesen, behandelte Jesus sie wie ein menschliches Wesen. Irgendwie habe ich Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie diese aburteilenden, machtbesessenen Freaks die Füße von Prostituierten waschen.

Irgendwo in der Bibel steht geschrieben, "Richtet nicht, damit Ihr nicht gerichtet werdet." Und doch besteht fast die gesamte Phrasendrescherei der so genannten Christlichen Rechten —womit ich die politische Christliche Rechte meine—aus grausamen Verurteilungen. Nach der Überlieferung hat Jesus gesagt, "Liebe deinen Nächsten", und irgendwie wurde dies von christlichen Politikern in den Aufruf übersetzt, jeden zu verdammen, der auf eine andere Weise liebt, als sie selbst es tun. (Oder, im Fall des ehemaligen Reverend Mr. Haggard, "als er behauptete, es zu tun")

Es ist für "wahre Christen" an der Zeit  sich deutlich zu äußern. Es ist an der Zeit, den Dingen Stimme zu verleihen, die Jesus wichtig schienen. Es ist an der Zeit, dass Güte, Liebe und Großzügigkeit wieder mit einer der großen Weltreligionen verbunden werden.  Wenn Sie speziell für den ehemaligen Reverend Haggard beten möchten, beten Sie, dass er eine christliche Lektion aus all dem lernt. Beten Sie, dass er lernt, dass er nicht besser ist als jeder andere, dass er keinen Deut mehr über die Moral weiß als jene Menschen, die er in all den Jahren verurteilt hat. Anstatt bei den Führern seiner Kirche um Entschuldigung zu bitten: wie wäre es mit mit der Bitte um Entschuldigung gegenüber den Millionen Menschen. die er im Namen Gottes beleidigte?

© 2007 Joel A. Dvoskin. All rights reserved.


Der amerikanische Prediger Ted Haggard, Gründer und geistlicher Führer einer amerikanischen Megakirche und Verbandschef von 30 Millionen amerikanischen Evangelikalen mit direktem Draht ins Weiße Haus wetterte bei seinen Gottesdiensten wie auch im Fernsehen gegen die Homosexualität. Nach einer Callboy-Affäre musste er sein Amt aufgeben. Mehr dazu: Die Zeit vom 16.11.2006


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