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The Official Website of Andrew Vachss

 

Eines einzigen Anwalts Kreuzzug

Bestseller-Autor hat Kindesmißhandlern den Krieg erklärt

Von Sean Corcoran
Ursprünglich veröffentlicht in Lawyers Weekly USA, 25. November 2002


Andrew Vachss bringt Zielstrebigkeit auf eine neue Ebene.

Seine gesamte juristische Karriere, seine Bestseller-Romane, sogar seine vorherigen Jobs wie z. B. die Leitung einer Jugendstrafanstalt, waren einem einzigen Zweck gewidmet: Kinder vor Missbrauch zu schützen. Jura studierte er, wie er sagt, weil er ein Jäger werden wollte, der Pädophile und Kindesmisshandler zur Strecke bringt.

"Ich wusste, dass es nur eine Sache gab, die ich tun wollte," sagte Vachss. "Soweit es mich betraf, wollte ich jagen gehen und das war die Lizenz dazu. Das Studium war der Weg sie zu kriegen."

Vachss (reimt sich auf "äx") ist ein New Yorker Rechtsanwalt, der Opfer von Kindesmissbrauch vertritt, um ihnen eine Chance auf Gerechtigkeit zu geben. Das ist alles, was er als Anwalt tut. Er übernimmt keine anderen Fälle. "Ich passe nicht sonderlich gut in allgemeine Vorstellungen davon, was ein Anwalt ist oder wie Anwälte sich verhalten – zumindest nicht von der beruflichen Perspektive aus", meint er. "Aus der Sicht der Öffentlichkeit bin ich in Ordnung."

Konfrontation mit 'Der Bestie'

Die Öffentlichkeit kennt Andrew Vachss als einen Bestseller-Autoren, der juristische Kriminalromane über Kindesmissbrauch schreibt. Das Foto des Autors auf seinem Buch zeigt einen Mann mit einem scharf geschnittenen Gesicht und einer Augenklappe, der seine Leser streng anschaut. 1993 verbrachte Oprah Winfrey eine ganze Stunde mit ihm in ihrer Show und sprach von ihm als einem "Krieger für Kinder" Er ist außerdem Mitherausgeber des Parade Magazine und einmal im Jahr macht er sich ans Schreiben einer Titelgeschichte über so ungefähr alles, was er möchte.

In all seinen Büchern, in all seinen Magazinen und Zeitungsartikeln (unter anderem für The New York Times, The ABA Journal und The Journal of Psychohistory), und in allen Shows, schreibt und spricht Vachss über die gleiche Sache: Kinder und kranke Menschen [1] die ihnen weh tun.

Vachss' Krieg gegen den Kindesmissbrauch begann 1965, als er 23 Jahre alt war und frisch von der Case-Western Reserve University in Cleveland, Ohio, kam. Er wurde als Ermittler für das U.S. Public Health Service's Task Force zur Ausrottung der Syphilis angestellt. In diesem Job sah sich Vachss selbst als jemanden, der die Kette unterbricht. Er spürte Menschen mit Syphilis auf, interviewte sie in Bars und an Straßenecken, um ihre sexuelle Vorgeschichte zu erfahren. Dann ging er weiter zur nächsten Person – versuchte, so nahe er konnte an den Anfang der Kette zu gelangen.

"Ich bin nicht in einer Privatschule großgeworden," meint Vachss, der in Lower Manhattan aufwuchs, am Rande des West Village. "Ich dachte ich wüsste, wie die Welt funktioniert. Aber ich hatte mir wirklich niemals vorgestellt, dass Menschen ihren Kindern Dinge antun, wie ich sie in diesem Job sah." Einmal führte die Spur Vachss zu einem vergewaltigten Baby, ein Kind das, wie er sagt, "buchstäblich vor Gonorrhöe troff ." "Das Zeug, das ich sah, brannte sich einfach in mein Bewusstsein ein. Aber ich glaube ein entscheidenderer Umstand war die Einstellung der Täter. Sie dachten, die Kinder seien ihr Eigentum."

Dies war Vachss' erste Begegnung mit dem, was er als "Die Bestie" bezeichnet — der sich wiederholende Kreis des Kindesmissbrauchs, in dem Raubtiere neue Raubtiere erzeugen. "So etwas wie eine böse DNA gibt es nicht" sagt Vachss gerne. "Monster werden nicht geboren, sie werden gemacht."

Der Horror dessen, was er in seinem ersten Job sah, schickte Vachss auf seine lebenslange Mission. Als er mit dreißig Jahren die Universität betrat, hatte Vachss bereits als Betreuer für das Department of Social Services in New York City und als Direktor eines Hochsicherheitsgefängnisses für jugendliche Gewalttäter in Roslindale, Massachusetts, gearbeitet. Er verbrachte zudem ein Jahr in Biafra, dem heutigen Nigeria, wo er damit befasst war, Nahrungsmittel zu den Familien zu bringen, als das Land im Jahre 1969 durch Genozid, Malaria und Hungersnot zerrissen war. Während dieser Zeit nahm er wegen Malaria und Mangelernährung von 80 Kilo auf 45 Kilo ab.

Alle diese Jobs waren ein Versuch, Kindern zu helfen, bevor sie zur nächsten Generation von Misshandlern würden. Doch am Ende entschied er, dass die Universität der beste Weg sei, um seine Ziele zu verfolgen, weil sie es ihm erlauben würde, sich selbst an die Fersen der Missbraucher zu heften.

'"Ich behaupte nicht, dass ich das, was ich tue mache, weil ich Kinder liebe," sagt er. '"ich tue es, weil ich jene hasse, die Jagd auf sie machen. "Ich möchte niemanden heruntermachen, aber sich als Anwalt der Kinder auszugeben ist etwas, das die NAMBLA (North American Man/Boy Love Association) tut. Es ist ein selbstverliehener Orden."

Die Jagd auf 'Die Bestie'

Vachss besuchte New England School of Law, in Boston, Massachusetts, wo er 1975 mit magna cum laude abschloss. Während seiner beiden letzten Jahre hatte er ein Stipendium für besonders Förderungswürdige und in seinem Abschlußjahr arbeitete er als verantwortlicher Herausgeber für die New England Law Review. Wenn er die Wahl hatte, belegte er Kurse von denen er glaubte, dass sie ihm helfen würden, Kinder zu verteidigen. Seine Karriere als Anwalt, der ausschließlich Kinder vertritt, war zu dieser Zeit undenkbar.

"Wenn ich Leuten erzählte, warum ich studierte, lachten mich meine Kommilitonen aus, als wäre ich ein Idot," sagt er. "Du willst Kinder vertreten? Wie willst du damit Geld verdienen?" sagten sie.

Die Wahrheit war, dass er es nicht konnte.

"Unter dem Strich musst du einen Weg finden, wovon du leben kannst. Es gibt Körperschaften, die ausschließlich Kinder vertreten," sagt er. "Aber wenn man über eine Privatperson wie mich redet, dann muss man einen Weg finden, eine private Kanzlei zu bezahlen. Wenn man reich wäre, dann ginge das, oder wenn man subventioniert würde, dann auch."


"Wenn Leute mir erzählen, dass ein warmherziger, mitfühlender ehrenamt-licher Mitarbeiter ein Kind vertreten kann, dann sage ich ihnen, dass sie, wenn sie das nächste Mal eine Wurzelkanalbehandlung brauchen, zu einem Ehrenamtlichen gehen sollen. Niemanden würde so etwas gefallen", sagt Andrew Vachss.

Vachss war keines von beiden. Sein erster Job nach der Universität war Taxifahren und sein erstes Anwaltsbüro war ein China-Restaurant. Er hatte eine Absprache mit den Restaurantbesitzern und die nahmen Telefonanrufe für ihn entgegen. Wenn er Mandanten treffen musste, erzählte er ihnen dass er es nicht rechtzeitig zurück ins Büro schaffen könne und schlug vor, sich mit ihm in dem Restaurant zu treffen. Er bezahlte stets.

Vachss schaffte es, zum Mitglied einer Gruppe New Yorker Rechtsanwälte ernannt zu werden, die Fälle von Kindesvernachlässigung übernahmen. Er verdiente zehn Dollar die Stunde, 15, wenn der Fall vor Gericht kam. 1988 erzählte er The Associated Press, dass er 28 Kindesmissbrauchs-Fälle für eine durchschnittliche Gebühr von je 218 Dollar bearbeitet hatte.

Um diese Fälle finanziell zu unterstützen, arbeitete Vachss auch als Strafverteidiger. Die Erfahrungen aus seiner Tätigkeit in Gefängnissen und Wiedereingliederungseinrichtungen vor seinem Studium machten es leicht, kriminelle Mandanten zu finden.

"Ich verwendete das Einkommen aus der Strafverteidigung, um die Arbeit zu machen, die ich wirklich tun wollte."

Zehn Jahre lang kombinierte Vachss die Strafverteidigung mit seiner Arbeit zum Schutz von Kindern. Doch seine Arbeit blieb nicht unbemerkt. 1984 verklagte Vachss eine der ältesten, am meisten respektiertesten Kinder-Wohltätigkeitsorganisationen des Landes: den "Fresh Air Fund" - und Journalisten begannen auf ihn aufmerksam zu werden. Der "Fresh Air Fund" bietet gratis Sommerfreizeiten für unterpriviligierte New Yorker Stadtkinder an. Er ist zudem die bevorzugte Wohltätigkeitsorganisation der New York Times, deren früherer Herausgeber, Arthur Ochs Sulzberger, Vorsitzender des Vorstandes des Funds war. Jedes Jahr während der Frühjahrs- und Sommermonate schaltete The Times gratis Anzeigen und veröffentlichte Leitartikel, um die Menschen zur Unterstützung dieser wohltätigen Einrichtung zu ermutigen.

In drei Angelegenheiten verklagte Vachss den Fund im Namen von Kindern, die sexuell missbracht worden waren — zwei in Heimen und eines in einem Ferienlager. Jede dieser Klagen basierte auf nachlässiger Überprüfung und Beaufsichtigung. Nicht nur, dass der Fund alle drei Klagen durch einen Vergleich beilegte - er räumte öffentlich seine Nachlässigkeit ein und dankte Vachss, dass er ihnen die Augen geöffnet hatte.

Durch eine Reihe von Siegen im Gerichtssaal, die mit großem Medienrummel einhergingen, fuhr Vachss fort, Berühmtheit zu erlangen. 1986 war er der erste New Yorker Anwalt, der erfolgreich einen Missbraucher auf zivilrechtlichen Schadensersatz wegen der emotionalen Folgen für das Kind verklagte. In diesem Fall, bei dem es um einen Vater ging, der wiederholt seine Tochter vergewaltigt hatte, erreichte Vachss einen Jury-Schuldspruch über $ 362,000.

Zwei Jahre später stritt Vachss in einem anderen Fall basierend auf der Theorie, dass Missbrauch bereits vor der Geburt beginnen könne. Er überzeugte das Gericht davon anzuordnen, dass die Mutter das Kind unmittelbar nach der Geburt abzugeben habe.

Und Mitte der Neunziger war Vachss maßgeblich an der Lobbyarbeit und dem Verfassen von .Gesetzgebungsmaßnahmen zur Errichtung einer nationalen Datenbank mit Sexualstraftätern beteiligt.

Ein breiteres Publikum

Doch Kindesmissbraucher einen nach dem anderen zu verfolgen war Vachss nicht genug. Er war entschlossen, ein größeres Publikum zu erreichen, und so wandte er sich im Alter von 42 Jahren dem Schreiben von Romanen zu.

In jenem Jahr wurde sein erster Roman veröffentlicht, Flood (deutsch: Kata), und seitdem wurde keines seiner Werke mehr abgelehnt. 1973 hatte er ein Buch mit dem Titel A Bomb Built in Hell geschrieben, schaffte es aber nicht, es veröffentlichen zu lassen - mittlerweile hatten sich die Dinge geändert

"Seit dieses erste Buch eintausend Male abgelehnt worden war, wurde ich nie mehr abgelehnt. Kein Buch, keine Geschichte, kein Gedicht, kein Song."

Die Bücher, merkt er an, waren einfach ein Mittel zum Zweck. Sie haben nicht nur seine juristische Arbeit unterstützt, sondern erlaubten es ihm, seinen "Krieg" auszudehnen.

"Ich wollte eine viel größere Jury, als ich sie in einem Gerichtssaal bekommen konnte und ein Roman war der einzige Weg, das zu erreichen. Ich habe nie vorausgesehen, was folgte," sagt er. "Die Bücher (die in viele Sprachen übersetzt wurden) gaben mir die Chance, mich an ein Publikum in Berlin und Mailand zu wenden."

Kata ist ein Roman über eine weibliche Karateexpertin die einen Privatdetektiv anheuert, um den Vergewaltiger und Killer des Kindes ihrer Freundin zu jagen. Es ist -gelinde gesagt- grob, aber Vachss sagt der Inhalt sei nichts verglichen mit dem, was er bei seiner täglichen Arbeit als Anwalt sehe. Und genauso ist es mit allen siebzehn seiner Romane (sein jüngster, Only Child, erschien im Oktober), ebenso wie mit dem halben Dutzend Comicbücher, die er schrieb. Die Erzählungen sind abgemilderte Versionen der Berichte aus dem wahren Leben, die in seinen Büroakten liegen.

'"Ich muss die Bücher abmildern, weil die Leute sie sonst vor Abscheu wegwerfen würden" sagt er. "Es wäre so, als würde ich der Öffentlichkeit sagen, dass sie zu mir kommen könnten, um meine Akten zu lesen. Es würde Ihnen nicht gefallen." Und: "Ich schreibe über dieses Zeug und versuche mich selbst als Journalist zu sehen. Die einzige Kritik, die ich in Rezensionen nicht ausstehen kann, ist, dass diese Dinge nicht wahr seien."

Auch wenn er ein Bestseller-Autor ist, führt Vachss, wie er sagt, noch immer ständig 15 bis 20 Fälle, und er kann sich tatsächlich an keinen Fall erinnern, den er verloren hätte. Tatsächlich wünscht sich Vachss, dass mehr seiner Fälle angefochten würden.

'"Ich habe viele Fälle gewonnen, die nie in die Berufung gingen - zu meiner Enttäuschung, denn ich wollte die Entscheidung in den Verfahren in die Rechtsmittelinstanz bringen, damit sie zu einem Präzedenzfall werden. Ich war der Erste, der Maßstäbe der Kollaboration in manchen Missbrauchsfällen festgelegt hat, aber gegen keinen davon wurde je Berufung eingelegt. Ich würde die Berufung gewinnen, aber sie fechten die Entscheidung nicht an."

Wie geht es weiter?

Vachss, der nun 59 ist, ist noch immer verblüfft über seinen Erfolg.

'"Etwas wie den Erfolg der Bücher hätte ich nie erwartet. Ich hatte nie erwartet, dass ich während meiner gesamten Karriere nur Kinder vertreten würde. Das war ein Traum. Mein Ziel für die Zukunft ist es, die nächste Welle zu trainieren. Daran arbeite ich die ganze Zeit über.

Was er nicht will, ist die Schlacht alleine Freiwilligen anzuvertrauen. Er glaubt fest daran, dass diese Kinder neben den Betreuern Anwälte benötigen.

"Wenn Leute mir sagen, dass ein warmheriger, mitfühlender, ehrenamtlicher Mitarbeiter ein Kind vertreten kann, dann sage ich ihnen, dass sie das nächste Mal, wenn sie eine Wurzelkanalbehandlung benötigen, zu einem ehrenamtlichen Mitarbeiter gehen sollen. Niemandem wird so etwas gefallen."

Heute leistet Vachss den Großteil seiner juristischen Arbeit pro bono und weigert sich, irgendjemanden außer die Kinder selbst zu vertreten. Er lässt sich noch nicht einmal von ihren Eltern beauftragen - aus Sorge, einen Kompromiss in seiner Unabhängigkeit einzugehen. Auf seiner website (www.vachss.com), die nach seinen Worten 1,3 Millionen Besucher im Jahr empfängt, sagt Vachss mit Nachdruck, dass er "von keinem Erwachsenen beauftragt werden kann, ein Kind in einer innerfamiliären Angelegenheit zu vertreten. Punkt."

"Wenn Erwachsene mich verpflichten wollen, ihr Kind zu vertreten, dann versuchen sie in Wahrheit mich zu verpflichten, ihre Sicht der Dinge zu vertreten", heißt es auf der website. '"Wenn sie mich anheuern, können sie mich auch feuern."

Nach dieser Aussage befragt meint Vachss, dass sie nur ein weiteres Anzeichen dafür sei, wie sehr er sich von anderen Anwälten unterscheide:

"Zeig mir die website irgendeines anderen Anwalts der sagt, ich übernehme deinen Auftrag nicht, also geh mir nicht auf die Nerven," meint er.

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Deutsche Übersetzung Andreas Huettl für The Zero, 2004


[1] Dass jene, die Jagd auf Kinder machen "krank" sind, ist die Formulierung des Verfassers dieses Artikels. Es ist nicht die Position von Andrew Vachss, wie ohne weiteres aus seiner Titelgeschichte in Parade (July 14, 2002), "Der Unterschied zwischen krank und böse." ersichtlich wird.


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