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Der Fall Dutroux- der Prozess

Sechste Prozesswoche

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Nachdem sich Dutroux am Dienstagmorgen gegen seine Durchsuchung zur Wehr gesetzt habe, sei er dabei leicht am Kopf verletzt worden, teilte die belgische Polizei mit. Dutroux' Anwalt Xavier Magnée erklärte dagegen, sein Klient sei an der Augenbraue "verletzt worden" und habe "bei einem Streit mit den Sicherheitskräften" eine dicke Beule an der Stirn davongetragen. Nach Polizeiangaben wollte sich Dutroux am Morgen nicht durchsuchen lassen. Er sei deshalb "am Boden festgehalten" worden. Nach der Fahrt ins Gerichtsgebäude habe Dutroux "seinen Kopf gegen die Zellenwand geschlagen". Es handle sich um einen "Fall von Rebellion", sagte Polizeisprecher Jean-Yves Schul. Dutroux sei von den Sicherheitskräften nicht hart angefasst worden, sondern habe eindeutig "versucht, sich selbst zu verletzen". Der Vorfall sei von Überwachungskameras festgehalten worden.

Marc Dutroux hat möglicherweise mehr Straftaten begangen als bisher angenommen. Auch zwei weitere Vergewaltigungen, ein Mordversuch und eine fehlgeschlagene Entführung könnten auf das Konto des vorbestraften Kinderschänders gehen, sagte der Polizeikommissar Jean-Pierre Verduyckt im Zeugenstand.„Ich gehöre zu denen, die glauben, daß er nicht alles gestanden hat“, erklärte der Fahnder. Ein Kripo-Inspektor habe aber seinerzeit verschiedene Taten von Dutroux gedeckt. Verduyckt sammelte nach der Festnahme im Sommer 1996 am Bürgertelefon einschlägige Hinweise. Mehrere Fälle deuteten auf Dutroux als Täter: In einem Fall von 1995 sei ein Mädchen in ein Auto gezerrt und vor seiner Vergewaltigung betäubt worden, bevor es nach mehreren Messerstichen liegen gelassen wurde.Nach einer anderen Vergewaltigung habe Kripo-Inspektor Georges Zicot eine Zeugenaussage nicht protokolliert, sagte der Kommissar. Zicot ist in einem anderen Fall wegen Verstoßes gegen das Berufsgeheimnis angeklagt.

Bereits am Tag davor hatte ein anderer Ermittler im Prozess Indizien gegen die Einzeltäterhypothese vorgebracht. Jean-Pierre Adam, der nach eigenen Worten ungerechtfertigt von den Ermittlungen gegen Dutroux abgezogen worden war, zog eine Verbindung zwischen Dutroux und der organisierten Prostitution in Belgien. Unter anderem sei in der Wohnung von Dutroux eine Visitenkarte eines Hotels gefunden worden, dessen Besitzer des Menschenhandels verdächtigt werde. Dieser Mann habe mit zwei Entführungsopfern wenige Stunden vor deren Verschleppung geplaudert, sagte ein weiterer Zeuge vor Gericht aus. Ermittler Adam betonte, sein Wunsch, möglichen Verbindungen von Dutroux zum Kriminellenmilieu in dessen Heimatort Charleroi nachzugehen, sei ihm vom Untersuchungsrichter Jacques Langlois verwehrt worden; mit den Worten, dies passe nicht in seiner Annahme vom Einzeltäter, es sei nicht seine Aufgabe als Untersuchungsrichter, dem Kriminellenmilieu von Charleroi einen "Fußtritt" zu geben.

Dutroux selbst gab in der Verhandlung neue Einblicke in seine Haltung zu Kriminellen und anderen Menschen. Zur Auseinandersetzung mit einigen jungen Leuten, die ihm Mitte der neunziger Jahre einen gestohlenen Lastwagen streitig machten, sagte Dutroux: „Ich wollte sie nicht umbringen. Unter Gangstern kann man sich arrangieren. Man wendet besser Betäubungsmittel an als Gewalt. Da ging es nicht um kleine Kerlchen."

Michelle Martin, Dutroux' Ex-Ehefrau und Mitangeklagte, behauptet, Dutroux habe ihr den Mord gestanden, "mit einer, aber nur einer Träne im Auge". Die Mädchen seien ihrem Mann lästig gewesen, also habe er beschlossen, sie mit seinem Komplizen Weinstein aus dem Weg zu schaffen. Weinstein kann das nicht bestätigen - er wurde später von Dutroux gefoltert und umgebracht, weil dieser an Weinsteins Erbschaft kommen wollte. Dutroux dagegen sagte vor dem Schwurgericht, Bernard Weinstein, dessen Leiche in Dutroux´ Garten gefunden wurde, sei ohne sein Zutun ums Leben gekommen. "Ich habe Weinstein nicht ermordet, er war mein einziger Freund", sagte Dutroux. Während der Ermittlungen hatte er noch gestanden, den Franzosen Weinstein mit Medikamenten betäubt und in seinem Garten verscharrt zu haben. Dies nahm er nun zurück. Dutroux behauptet, Weinstein habe an der Entführung von vier der Mädchen teilgenommen und zwei von ihnen getötet- Laut Dutroux wurden die Mädchen Ende August von Lelievre und Weinstein abgeholt, "für ein Prostitutionsnetz von Nihoul".

Die vielen Unklarheiten geben Anlass zu den wildesten Spekulationen. Doch die haarsträubendste Verschwörungstheorie kommt, wie so oft, vom Hauptangeklagten. Die Mädchen seien von vier Personen entführt worden, darunter zwei Polizisten einer später als korrupt aufgelösten Einheit. Und natürlich haben alle Beteiligten im Auftrag von Nihoul gehandelt, für große Unbekannte aus Brüssel, die Abnehmer der Mädchen. "Geben Sie uns Namen", verlangen die Anwälte der Familie Lambrecks, "wenigstens einen Vornamen." "Indem ich die Polizisten überhaupt erwähnt habe, habe ich mich schon genug in Gefahr gebracht. Nach diesem Prozess werde ich nicht mehr lange leben", gibt Dutroux zurück. Keine Namen, dafür eine Komplotttheorie mehr. Doch Dutroux' Behauptungen haben Sinn: Obwohl es im Fall Dutroux fünf Todesopfer gegeben hat, ist Dutroux nur des Mordes an drei Menschen angeklagt: an An, Eefje und seinem Komplizen Bernard Weinstein. In allen Fällen gibt es nur Indizienbeweise, sieht man von den wenig glaubwürdigen Aussagen der anderen Angeklagten ab. Gelingt es Dutroux und seinen Anwälten, Zweifel zu säen, wird er nur wegen Entführung und Vergewaltigung verurteilt - aber nicht zu lebenslang. Fast alles hängt jetzt davon ab, ob der Staatsanwaltschaft der Nachweis gelingt, dass Dutroux Weinstein ermordete. Hauptbelastungszeuge ist wieder dessen Ehefrau Michelle, die ihre direkte Tatbeteiligung zugibt - sie verpasste Weinstein das Betäubungsmittel. Danach soll Dutroux Weinstein gefoltert und lebendig begraben haben. Doch der behauptet, das habe seine Ex-Frau getan ...

Einer der Opferanwälte beschuldigte unterdessen die Behörden, Spuren möglicher Dutroux-Helfer nicht nachgegangen zu sein. Opferanwalt Georges-Henri Beauthier sagte, nicht alle Schuldigen säßen auf der Anklagebank. Namen wollte Beauthier nicht nennen. Nach den Worten Beauthiers gibt es deutliche Hinweise darauf, dass Dutroux´ mutmasslicher Komplize Michel Nihoul einen Ring osteuropäischer Prostituierter in Belgien aufbauen wollte. "Man kann nicht ausschliessen, dass im Gegenzug auch Mädchen in den Osten verkauft werden sollten", betonte der Anwalt.

Im Eilverfahren hat ein Brüsseler Gericht die weitere Verbreitung einer Zeitschrift mit Grauen erregenden Leichenfotos aus der Dutroux-Akte verboten. Die Richter folgten damit am Mittwoch einem Antrag der betroffenen Eltern. Diese hatten den Verkaufstopp unter anderem mit dem Argument gefordert, die Veröffentlichung von Fotos ihrer ermordeten Töchter sei ein "unerträglicher Eingriff in ihre Privatsphäre". Auch Opferanwälte und der belgische Journalistenverband hatten den Tabubruch des in Brüssel herausgegebenen Magazins "The Sprout" scharf kritisiert. Das englischsprachige Monatsmagazin hatte in seiner jüngsten Ausgabe vier Fotos der abgemagerten Leichname veröffentlicht. "The Sprout" wollte damit Folterspuren an den Körpern der ermordeten Achtjährigen belegen. Die Anwälte Jan Fermon und Georges-Henri Beauthier, die im Prozess gegen den mutmasslichen Mädchenmörder Marc Dutroux ein überlebendes Opfer vertreten, sagten: "Dies bringt keine zusätzliche Information. Und es ist eine weitere Prüfung für die Eltern der Opfer." Dutroux-Verteidiger Ronny Baudewijn sprach von "Scheusslichkeiten", deren Abdruck "skandalös" sei.

zur siebten Prozesswoche



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