return to the MAIN PageGo BACKPRINT this Page

The Official Website of Andrew Vachss

 

Der Fall Dutroux- der Prozess

Achte Prozesswoche

Die achtjährige Vorgeschichte des Falles Dutroux bis zur Prozesseröffnung hier clicken

Der Ablauf der vorangegangenen Prozesswochen: hier clicken

Die Plädoyers: hier clicken

Das Urteil: hier clicken

Ein möglicher Augenzeuge der Entführung von zwei Opfern des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux hat sich fast neun Jahre nach der Tat zu Wort gemeldet. In der Zeitung "Le Soir" vom Montag erklärte der heute 69 Jahre alte Mann, er habe am fraglichen Tag zwei Männer gesehen, die auf einer Autobahnbrücke zwei kleine Mädchen festhielten. Die Szene nahe dem Wohnort der beiden Achtjährigen Julie und Melissa könnte die Entführung dieser beiden jüngsten Dutroux-Opfer am 24. Juni 1995 gewesen sein. Julie und Melissa verdursteten später im Keller eines Dutroux-Hauses. Der mögliche Augenzeuge hatte im Vorüberfahren zwei junge Männer mit kurzen dunklen Haaren erkannt. Ein festgehaltenes Kind habe mit den Beinen gestrampelt, das zweite Mädchen sei vor dem anderen Mann davongelaufen. Der 69-Jährige gab seine Beobachtung nach eigener Darstellung erst im Jahr 2002 zu Protokoll, nachdem er von Unsicherheiten der Eltern über die genauen Umstände der Entführung im Fernsehen erfahren habe. Untersuchungsrichter Jacques Langlois habe die Aussage nicht weiter verfolgt. Langlois geht davon aus, dass die Mädchen ohne irgendwelchen Zwang in einen dunklen Kleinwagen stiegen.

Vor Gericht erklärte ein Polizist am Montag, dass der Mitangeklagte Michel Nihoul als Informant der Polizei arbeitete. Er bestätigte jedoch nicht die Darstellung Nihouls, wonach dessen Drogengeschäfte allein dazu dienten, sich das Vertrauen von Dutroux und dessen Komplizen Michel Lelievre zu erschleichen.

Beim Ortstermin im Haus des mutmaßlichen Mädchenmörders Marc Dutroux hat auch der Hauptangeklagte den Kinderkerker im Keller besichtigt. Dutroux hatte das Haus nach längerer Wartezeit ebenso betreten wie seine mitangeklagte Ex-Frau Michelle Martin. Zwei Opfer von Dutroux kehrten erstmals nach fast acht Jahren an den Ort ihrer Leiden zurück. Die rund 100 Prozessteilnehmer, darunter Dutroux selbst, sollten sich klarmachen, was die beiden erlebt hatten. Die Besichtigung des Kellers hatte der Vorsitzende Richter angesetzt, um vor allem den Geschworenen, die auch an der Besichtigung teilnehmen, einen direkten Einblick in das Grauen zu ermöglichen. Die beiden Opfer und rund 100 weitere Prozessteilnehmer wurden Dienstagvormittag mit Bussen aus dem südbelgischen Arlon zu einem Ortstermin in das rund 180 Kilometer entfernte Marcinelle bei Charleroi gebracht. Dutroux und zwei der drei Mitangeklagten wurden in hoch gesicherten Fahrzeugen zum Tatort transportiert. Rund 300 Polizisten waren im Großeinsatz, die Umgebung des ehemaligen Dutroux-Hauses wurde weitgehend abgeriegelt. Der Ortstermin verlief ohne größere Zwischenfälle. Die befürchteten Fluchtversuche des Angeklagten blieben ebenso aus wie Mordanschläge auf den Belgier.

In Vierergruppen sollten sich die Prozessteilnehmer unter anderem einen Eindruck von dem Verlies verschaffen, das Dutroux eigens für die Entführungen hergerichtet hatte. Vier von sechs entführten Mädchen wurden dort festgehalten, zwei überlebten die Torturen nicht. Fast fluchtartig verließen manche Geschworene nach der Besichtigung das verwahrloste Reihenhaus wieder. Die Mutter von Laetitia Delhez erlitt einen Schwächeanfall und wurde medizinisch versorgt. Eines der beiden Opfer, Sabine Dardenne, wollte sich ursprünglich die Konfrontation mit der quälenden Erinnerung ersparen. Nun nahm die heute 20-Jährige wie die 22-jährige Delhez auch doch an dem Besichtigungstermin teil. Dutroux hatte die damals Zwölfjährige Sabine Dardenne im Mai 1996 entführt, 80 Tage lang in dem Verlies festgehalten und mehrfach vergewaltigt. Die damals 14-jährige Delhez musste gemeinsam mit Dardenne mehrere Tage in dem Versteck ausharren, bevor beide Mädchen im August 1996 befreit wurden. Delhez wurde bei dem Termin von ihrer Familie begleitet. "Sie sollen sich klarmachen, was ich erlebt habe", sagte die junge Frau vor der Abfahrt nach Marcinelle. Der Anwalt von Pol Marchal, Vater der getöteten 17-jährigen An, sagte: "Wir glauben, es ist wichtig, die Atmosphäre des Ortes zu sehen, zu fühlen, zu verstehen, wo die Kleinen so lange bleiben mussten."

Dutroux-Anwalt Ronny Baudewijn sagte, es sei "nicht der beste Tag für die Verteidigung". Sein Mandant fürchte, das heute leere Versteck könne "noch feindlicher wirken" als damals. Dutroux hatte die winzige Zelle eigens für die Entführungen hergerichtet. In dem fensterlosen Raum war kaum Platz für eine dreckige Matratze, auf der zeitweise zwei Mädchen schlafen mussten.

Auf die überlebenden Opfer wirkte Dutroux' Verhalten am Tatort nach Augenzeugenberichten wie ein Affront. «Lump!» rief die 20-jährige Sabine Dardenne ihrem ehemaligen Peiniger zu. Sie und ihre 22-jährige Leidensgenossin Laetitia Delhez konnten Tränen und Wut nicht mehr unterdrücken, als sie am Dienstag ihr damaliges Verlies besichtigten. «Wenn ich könnte, würde ich ihn anspucken», sagte Dardenne in Richtung Dutroux - ohne dass der darauf reagierte.

Aus Frustration über das gleichgültige Auftreten des Dutroux' war dessen Verteidiger am Mittwoch offenbar kurz davor, aus dem Prozess auszusteigen. Magnée habe gesagt, er halte Dutroux für «unkontrollierbar» und sei mit der Linie der Verteidigung nicht mehr einverstanden. Der Besuch am Dienstag im Kerker Dutroux' habe Magnée kurzzeitig überlegen lassen, ob er die Verteidigung aufgebe, hieß es. Später sagte Verteidiger Magnée jedoch: «Ich bleibe.»

Der Streit zwischen Dutroux und seinem Anwalt entstand während der Aussage eines Zeugen, der über ein kriminelles Netzwerk des Hauptangeklagten berichtet hatte. Der Automechaniker sagte, er habe einen Kontakt zwischen Dutroux und dem Betreiber eines Stundenhotels an der belgischen Küste hergestellt. Das Hotel „Brazil“ in Blankenberge hat nach Angaben eines anderen Zeugen eine Rolle beim Verschwinden zweier Dutroux-Opfer gespielt.

Dutroux wird außer von Magnée noch von drei weiteren Anwälten vertreten. Ein Rückzug des Hauptverteidigers wäre ein schwerer Schlag gewesen, sagte seine Kollegin Martine Van Praet. Magnées Kollege Ronny Baudewijn führte den Streit auf die schwierige Aufgabe der Dutroux-Verteidigung und die Übermüdung nach dem Ortstermin am Dienstag zurück: „Das ist eine Episode, die wir alle erlebt haben.“

Ein Zeuge berichtete, Dutroux habe 1993 einen von ihm zum Verkauf angebotenen Lieferwagen gestohlen. Ende 1995 oder Anfang 1996 habe er Besuch erhalten von einem Beamten einer Sonderkommission, die nach den zuvor entführten Mädchen Julie und Melissa fahndete. Dieser Beamte habe berichtet, im Verdacht stehe ein Mann aus Charleroi, der mehrere Häuser habe und Räume, in denen pornografische Filme gedreht werden können. Das trifft auf Dutroux zu. Auf einem seiner Grundstücke wurde später auch ein Lieferwagen wie der des Zeugen beschlagnahmt, doch ist dieser Wagen spurlos verschwunden. Marc Dutroux behauptet, das sei ein anderes Fahrzeug gewesen. Der Zeuge sagte vor Gericht aus, er habe trotz gegenteiliger Ankündigung des Beamten dann nie wieder etwas von der Sonderkommission gehört.

Die mitangeklagte Ex-Frau von Marc Dutroux, Michelle Martin, beschuldigte diesen vor Gericht, er habe den Lieferwagen gestohlen, nachdem er sich während einer Probefahrt einen Nachschlüssel angefertigt hat. Für Dutroux war dies ein weiterer Anlass für einen heftigen Wortwechsel: "Das sind Erfindungen. Und das geht durch, weil ich ohne Beweise verurteilt worden bin", sagte er angesichts der Tatsache, dass er wegen des Autodiebstahls längst eine Strafe absitzen musste.

Eine ehemalige Nachbarin des mutmaßlichen Kindermörders Marc Dutroux hat nach eigenen Angaben eines seiner Opfer noch Wochen nach dessen Entführung gesehen. Sie habe die achtjährige Melissa Russo am 12. August 1995 vor Dutroux' Haus in Marcinelle bei Charleroi gesehen, sagte Béatrice Luyckafasseel am Donnerstag vor dem Geschworenengericht. Das Mädchen sei in Begleitung von Dutroux' damaliger Ehefrau Michelle Martin gewesen. Martin, die sich gemeinsam mit Dutroux und zwei seiner Vertrauten vor dem Gericht verantworten muss, wies die Darstellung zurück. Sie habe Melissa und Julie während deren Aufenthalts in Marcinelle nie zu Gesicht bekommen. Luyckafasseel erklärte, sie habe damals die Polizei von Grâce-Hollogne bei Lüttich verständigt, die im Fall der am 24. Juni 1995 verschwundenen Melissa und ihrer ebenfalls verschleppten achtjährigen Freundin Julie Lejeune ermittelte. Damals sei ihr am Telefon von der Polizei beschieden worden, "das Notwendige" werde binnen Minuten veranlasst. Die Polizei habe jedoch seitdem keinen Kontakt mehr mit ihr aufgenommen.

zur neunten Prozesswoche



VACHSS     BIO     PROSA     ARTIKEL     INTERVIEWS     FAQ     UPDATES/NEWSLETTER
MISSION    DOWNLOADS    GALERIE    HUNDE    EISGOTT    RESSOURCEN

Suche auf The Zero || Technik || Verlinken || Email an The Zero || Startseite

The Zero © 2000-2004 Andrew Vachss. Alle Rechte vorbehalten.